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Granny-Au-pair im Ausland – Wagen und Gewinnen

Als Au-pair ins Ausland – das gab’s früher nur für junge Mädchen. Doch heute interessieren sich auch die „jungen Alten“ dafür.

Als Granny Au-pair im AuslandEine Zeitlang als Au-pair in einem anderen Land arbeiten, ist der Traum vieler junger Mädchen. Solch ein Aufenthalt bringt viel Gutes mit sich – das Erlernen oder Vertiefen einer Sprache, neue Kontakte, intensive Einblicke in eine andere Kultur, Eigenständigkeit. Doch auch immer mehr ältere Frauen ziehen einen Au-pair-Aufenthalt für sich in Betracht – das so genannte Granny-Au-pair.

Sie sind 50, 66 oder über 70 – die eigenen Kinder sind womöglich aus dem Haus, das Berufsleben ist abgeschlossen, das Leben ist geregelt und eingerichtet und geht seinen Gang. Und was nun? In einer solchen Lebensphase taucht häufig die Frage auf, ob denn nun noch etwas passieren wird, die Suche nach dem Sinn oder der Wunsch nach neuen Eindrücken und Erfahrungen. Manche erinnern sich an die Wünsche und Hoffnungen, die sie als junge Frau hatten und nie verwirklichen konnten – vielleicht, weil das erste Kind früh kam und dann die Doppelbelastung Familie und Beruf. Doch das muss es nicht gewesen sein. Es bieten sich neue Chancen.

Noch einmal etwas ganz Neues erleben, flexibel bleiben

Die Hamburgerin Michaela Hansen hat den Bedarf erkannt und eine Vermittlungsagentur für ältere Au-pair-„Mädchen“ gegründet: Granny Aupair heißt ihr Unternehmen. Die Grundidee ist zwar eine ähnliche wie bei Au-pair-Agenturen für junge Mädchen, doch ist hier von vornherein weniger geregelt. Die Bedingungen des Aufenthalts werden von beiden Parteien individuell ausgehandelt – von der Länge des Aufenthaltes über die Aufgaben, Erwartungen und eine eventuelle Bezahlung. Letztere ist nicht unbedingt gegeben, auch die Reisekosten werden in der Regel von den Au-Pair-Omas selbst getragen.

Auch die Erwartungen aneinander sind beim Granny-Au-pair andere – darüber sollten sich beide Seiten bewusst sein. Ältere Frauen haben natürlich ein ganz anderes Standing im Leben als ein junges Mädchen, das gerade die Schule abgeschlossen hat. Sie sind damit weniger formbar, bringen aber ganz andere Qualitäten mit: vielleicht einen selbstsicheren und ruhigen Umgang mit den Kindern der Gastfamilie, Koch- und Backkünste; vielleicht sind sie ein Fels in der Brandung in einer chaotischen jungen Familie mit berufstätigen Eltern.

Au-pair-Omas suchen das Abenteuer statt sich zuhause zu langweilen

Kinderbetreuung durch OmasSo wird Hannelore W. (71) bei Granny Au-pair zitiert: „Ihre Idee der ‚Granny-Aupair‘ hat mich sofort begeistert (…) Und da ich nicht immer ’nur‘ Golf sowie Bridge spielen, meine morgendlichen Yogaübungen ausführen und die tägliche 18 km Radtour durch den nahen Stadtwald unternehmen möchte, denke ich, es ist eine neue Challenge, sich als kinderliebende Granny im Ausland (oder Inland) zur Verfügung zu stellen.“ Dass sie 71 ist, meint sie, höre sich „ganz gruselig“ an. Doch warum sich von einer Zahl tyrannisieren lassen, wenn man sich doch jung fühlt und Lust auf die Welt hat? Und zudem anderen etwas Gutes damit tun kann.

Und was denken die Kinder über die Au-pair-Oma? Hannelore Bieneck aus Bremerhaven ist zwar „erst“ 66, als sie als Granny-Au-pair in die französischsprachige Schweiz aufbricht, doch der sechsjährige Sohn der Gastfamilie macht sich bei „Menschen hautnah“ im WDR recht morbide Gedanken. Noé: „Sie ist wirklich sehr nett. Aber wir wissen nicht, ob sie bei uns sterben wird, ob sie wieder weg geht. Wir wissen nicht, wo sie sterben wird. Wann sie uns wieder verlässt, wann wir sie nicht mehr brauchen, wissen wir nicht.“

Au-pair für ältere Frauen – „Männer werden überhaupt nicht nachgefragt“

Auf der Internetseite von Granny Aupair können sich „Grannies“, also „Omas“, und interessierte Gastfamilien gegen eine Gebühr registrieren – und können so zueinander finden. Bei erfolgreicher Vermittlung fällt eine weitere Gebühr an. Das Angebot richtet sich ausschließlich an Frauen, denn Männer werden laut Michaela Hansen „überhaupt nicht nachgefragt“. Neben den klassischen Au-pair-Stellen mit Kinderbetreuung und Haushalt bietet die Agentur auch die Möglichkeit, sich in soziale Projekte beispielsweise in Indien oder Afrika vermitteln zu lassen. Die Nachfrage ist groß. Und unter „Stimmen“ findet sich auch die 42-jährige Catrin H., die sich die Agentur schon einmal auf die Liste fürs Leben schreibt. Ein Granny-Au-pair berichtet gar, in Südafrika ihre große Liebe gefunden zu haben. Also, auch im Alter: Nur Mut!

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Über Lucy M. Laube

Lucy M. Laube ist eine freie Journalistin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Zu ihren bisherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem Radio Bremen, Greenpeace und das Goethe-Institut. Seit Anfang 2012 schreibt sie als Redakteurin für das Artikelmagazin.