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Hygienehysterie – Zu viel Hygiene macht Kinder krank

Hygienehysterie: Händewäsche bei Kindern Während es bis weit in die 90er Jahre (Hygienehysterie) des 20.Jahrhunderts reichte, dass Kleidung porentief rein war und die Fliesen einfach nur glänzten, tat sich findigen Reinigungsmittelherstellern und Marketingmanagern kurze Zeit später eine Marktlücke auf. Ausgehend vom einfachen Haushaltsdesinfektionsmittel, wurde ein Produkt nach dem anderen in die Kaufhausregale gebracht. Jedes putzte natürlich noch sauberer, noch antibakterieller, noch steriler – und das fast ohne eigenes Zutun.

Die initiierte „böse Bakterie“

Wer sich die Werbeunterbrechungen im TV-Programm anschaut, wird vor allem eines lernen: Bakterien und Mikroben sind, wenn sie als solche benannt werden, ungesund und schädlich. Deshalb greift die Werbeindustrie gerne auf einen simplen Trick zurück: der kundenorientierten Umbenennung. So werden Milchsäurebakterien zu „Joghurtkulturen“ und die aus Schimmelpilzen bestehende Rinde des beliebten Camemberts zu „Edelschimmel“.

Fehlende Desensibilisierung begünstigt allergische Reaktionen

Bakterien, Mikroben sowie Pilze sind überlebensnotwendig – auch die mitunter ungesunden. Wer sein Kleinkind also in einer sterilen Umgebung aufwachsen lässt, nimmt dessen Körper die Möglichkeit, den Umgang mit den Kleinstlebewesen zu lernen. So lassen sich viele der heute immer häufiger auftretenden Allergien und Hautkrankheiten oft auf eine fehlende Desensibilisierung gegenüber Bakterien und Mikroben zurückführen. Das heißt, dass vor allem Kinder in sehr steril gereinigten Haushalten öfter an Hautkrankheiten, Lebensmittelallergien oder auch Heuschnupfen erkranken.

Die Wirkung von Bakterien

Hygienehysterie: Mädchen wäscht die Hände In der Regel reagiert der Körper nicht direkt auf Bakterien und Pilze, sondern auf deren Stoffwechselprodukte. Diese bestehen zum größten Teil aus den bakteriellen, beziehungsweise den fungiziden Toxinen, welche wiederum als Gift die Zellfunktion oder die Arbeit anderer Bakterienstämme behindern. Folgen sind körperliche Reaktionen wie Hautausschläge, Durchfälle oder auch Fieberschübe. Ein gesund ausgeprägter Organismus wird jedoch mit den Toxinen von Bakterien und Pilzen spielend fertig, weil er im Laufe seiner Entwicklung entsprechende Abwehrmechanismen ausgebildet hat, die ihn gegen die vermeintliche Attacke der Kleinstlebewesen desensibilisieren, also unempfindlicher machen.

Vorsicht ist gut – aber nur in Maßen

Heutzutage schreckt fast jede Mutter zusammen, wenn sie ihr Kind im Sandkasten den selbst gebackenen Sandkuchen des Nachbarjungen verspeisen sieht. Dabei spielt diese, nur für Erwachsene wirklich ekelerregende Situation, eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Desensibilisierung des kindlichen Organismus. Frei nach dem Motto „Schmutz reinigt den Magen“ lernt der Körper rasch, mit den Sandkuchenbakterien umzugehen. Deshalb sollten Eltern einen kühlen Kopf bewahren, wenn es zu „bakteriologisch heiklen“ Situationen kommt.

Hygiene ist wichtig, aber nicht übertreiben

An dieser Stelle sei angemerkt, dass man freilich nicht allzu sorglos mit dem Schmutz im häuslichen Umfeld umgehen sollte. Bakterien und Pilze können, wenn ein akuter und massiver Befall besteht, krank machen. Dennoch sei angeraten, sein Kind ruhigen Gewissens auf „einfach glänzenden“ Fliesen spielen zu lassen, anstatt vorher Flächen und Spielzeug steril zu reinigen. Übrigens: Viele bakteriell ausgelöste Krankheiten können einfacher vermieden werden, statt den Schmutz mit der chemischen Keule aus der Wohnung zu verbannen: durch Erziehung.

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