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Neue Studien aus der Psychiatrieforschung

Dick macht doof: Ungesunde Ernährung schadet dem Gehirn

Dick macht doof - Fast Food ist ungesundDass sich eine ungesunde Ernährung negativ auf den Organismus auswirkt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Diabetes, Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems und ein erhöhtes Risiko auf Krebserkrankungen sind nur einige der möglichen Gefahren durch Übergewicht. Was zwei aktuelle US-amerikanische Studien aber nun zu Tage gefördert  haben, trägt nicht gerade zur Beruhigung bei. Denn vertraut man auf deren Ergebnis, so können eine ungesunde Ernährung und Übergewicht direkt das Gehirn schädigen.

Ein Teufelskreis entsteht

Die erste Studie wurde vom Fachmagazin „Brain“ veröffentlicht und stammt von einem Forscherteam um Antonio Convit vom Nathan Kline Institut für Psychiatrieforschung in New York. Die zweite Studie geht auf Terry Davidson und seinen Doktoranden Scott Kanoski von der Purdue Universität in West Lafayette, Illinois, zurück. Obwohl beide Studien unabhängig voneinander durchgeführt wurden, kommen sie zu ähnlichen Ergebnissen und sind sich in einem Punkt einig: Schlechte Ernährung und Übergewicht schädigen das Gehirn und  die Schäden im Hirn wirken sich wiederum auf die Ernährung aus, wodurch sich die Schlange in den eigenen Schwanz beißt. Wer langfristig falsch und zu viel isst, schädigt also das zentrale Nervensystem und diese Schäden lassen das Essverhalten dann weiter außer Kontrolle geraten.

Ganze Hirnregionen schrumpfen bei Übergewicht

Ungesunde Ernährung hat Auswirkungen auf das GehirnIn der New Yorker Studie von Antonio Convit wurden 44 Übergewichtige und 19 Normalgewichtige Patienten berücksichtigt. Bei diesen wurden durch die Magnetresonanztomografie, MRT, sowohl die Dichte als auch der Wassergehalt verschiedener Gehirnregionen gemessen und überwacht. Ein erhöhter Wassergehalt im Gehirn gibt Aufschluss auf geschädigtes Nervengewebe, das bei den Übergewichtigen Probanden auch tatsächlich vermehrt festgestellt werden konnte. Entsprechend war auch eine Verringerung der Dichte in den Gehirnregionen festzustellen, die für das Belohnungs-System und den Appetit zuständig sind. Bei den Übergewichtigen waren diese Gehirnregionen im Vergleich zu den Normalgewichtigen deutlich kleiner, was auch den Rückschluss auf den erwähnten Teufelskreis zuließ. Wird der Bereich für den Appetit durch falsches oder zu viel Essen geschädigt, gerät dessen Funktion aus dem Ruder und wirkt sich weiter negativ auf das Essverhalten aus. Außer der Dichte und dem Wassergehalt wurden zudem die Blutwerte des Eiweißstoffes Fibrinogen bestimmt, der als Marker für Entzündungsprozesse im Nervensystem gilt. Auch diese Werte waren bei den übergewichtigen Patienten erhöht.

Ungesunde Ernährung fördert Entzündungen im Nervensystem

Schlechte Ernährung lässt das Gehirn schrumpfenZwar war auch ein Zusammenhang von schlechter Ernährung und dadurch geförderten Entzündungsprozessen bereits bekannt. Doch konnte der Zusammenhang, zwischen Entzündungen des Nervensystems und dem Schrumpfen ganzer Hirnregionen durch die aktuellen Studien untermauert werden. Denn je höher die Fibrinogenwerte im Blut gemessen wurden, desto kleiner waren die betroffenen Hirnregionen. Neben dem Belohnungs-System war auch die Fähigkeit zur emotionalen Bewertung von Situationen betroffen, sowie der Bereich des Gehirns, der das Geschmacksempfinden reguliert. Ein weiteres Indiz, das die Zusammenhänge bestärkt. So führt eine ungesunde Ernährung zu Übergewicht, durch welches mehr Entzündungsbotenstoffe gebildet werden. Diese lassen den Gehirnbereich schrumpfen, der unter anderem für den Heißhunger verantwortlich ist, weshalb der Patient wiederum mehr Hunger und Appetit bekommt. Mediziner vergleichen die Situation mit einer Drogensüchtigen, der mit der Zeit immer mehr Drogen benötigt um ein Befriedigungserlebnis zu erfahren. Entsprechend ist der Verlust der Selbstkontrolle der Übergewichtigen kein Mangel an Disziplin, sondern auf eine Funktionsstörung im Gehirn zurückzuführen, die ihrerseits jedoch vom Essen selbst erst ausgelöst wurde.

Zweite Studie hat Fett und Zucker im Visier

Dass Fett und Zucker bei der Nahrungsaufnahme keine günstige Kombination darstellen ist kein Geheimnis. Welche Ausmaße das Gespann aber tatsächlich erreichen kann, verdeutlicht die zweite Studie von Terry Davidson. So wurden die beiden Nahrungsbestandteile bei der Auswertung unzähliger Untersuchungen für Schädigungen des Hippocampus verantwortlich gemacht, also den Teil des Gehirns, der das Gedächtnis, sowie das Lern- und Erinnerungsvermögen reguliert. Die Verminderung der Denkleistung in diesen Bereichen tritt laut Studie bereits während der schlechten Ernährung auf und nicht erst, wenn der Patient unter Übergewicht leidet. Die Erklärung, warum gerade dieser Teil des Gehirns so schnell betroffen ist, lässt sich den Experten zufolge damit erklären, dass der Hippocampus am besten durchblutet sei und dadurch auch schnell mit den schädlichen Stoffen in der Blutbahn in Kontakt käme.

Anderer Weg mit gleichem Ziel

Laut Terry Davidosn ensteht die Wechselwirkung zwischen Ernährung und Hirnschäden also schon in einem sehr frühen Stadium. Der Forscher hält es dabei für möglich, dass durch die Schädigung des Hippocampus falsche Erinnerungen in Bezug auf das Essen ausgelöst werden und dadurch die falsche Ernährung leichtfertig fortgesetzt wird. Zur Verdeutlichung führt der Experte auf, dass man eher auf ein Lebensmittel verzichten kann, wenn ein funktionierender Hippocampus die Erinnerung an dessen guten Geschmack abschwächt, so wie es eigentlich sein sollte. Zuviel Fett und Zucker stören diese Abschwächung der Erinnerung aber, sodass ein erhöhter Drang zum Verzehr weiteren ungesunden Essens besteht. Vor allem im höheren Alter sieht der Forscher die Gefahr dieses Phänomens und schließt einen Zusammenhang von Ernährung und Demenzerkrankungen nicht aus. Dafür spräche jedenfalls die Verbesserung der Denkleistung bei Diabetespatienten, die Ihr Essverhalten auf eine gesündere Ernährung umstellen.

Keine Zerstörung des Gewebes

Dass sich die Denkleistung bei Diabetespatienten mit einer gesünderen Ernährung wieder verbessert zeigt, dass die Schäden im Gehirn nicht auf einer Zerstörung des Gewebes beruhen, sondern wieder umkehrbar sind. Da die MRT-Untersuchungen auch nur Rückschluss auf die Dichte des untersuchten Gewebes geben und nicht auf dessen endgültige Zerstörung, geht man davon aus, dass die synaptischen Verbindungen im zentralen Nervensystem lediglich weniger gut ausgebildet sind als bei Patienten mit Normalgewicht. Eine Ernährungsumstellung könnte dann wieder zu einer deutlichen Verbesserung der Hirnleistung führen.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.