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Bildungsstudie:

Mathematik im Alltag ist für viele ein Problem

Für viele ist Mathematik immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Eine Studie zeigt Bildungslücken beim Berechnen von einfachen Rechenaufgaben auf.

Bildungslücken in der Mathematik - der Abakus muss helfen.

Mathematik: Nicht jeder ist in der Lage – einfache Rechenaufgaben zu lösen. Bild: © fotolia.de

Stimmt das Wechselgeld, das die Kassiererin im Supermarkt herausgegeben hat? Drei Prozent Nachlass bei Sofortzahlung – aber wie viel ist das denn? Und das Chili con carne-Rezept: Die Angaben beziehen sich auf vier Personen, aber nun kommen noch Hilde und Heiner zum Essen; wie geht das noch gleich mit dem Umrechnen? Und dann der Urlaub in Norwegen: Oh je, wie den Euro in Kronen umrechnen? 8. Klasse Mathematik oder darunter, doch viele Deutsche verzweifeln daran, zeigt eine neue Studie der Stiftung Rechnen.

Mathematik: Lernen fürs Leben oder nur für die Schule?

Wofür dient der Mathematikunterricht in der Schule? Um gute Noten zu bekommen, die nächste Klasse zu erreichen, einen Schulabschluss zu machen – und fertig? Grundlegende Rechenarten werden allerdings auch später noch benötigt, ein Leben lang. Ärgerlich, wenn das in der Schule nicht entsprechend vermittelt wird. Denn das kann sich an allen Ecken und Enden rächen – und lange nicht immer schafft der Taschenrechner hier hinreichende Abhilfe. In der Studie „Bürgerkompetenz Rechnen“ sind die Mathekenntnisse von 1.027 Erwachsenen zwischen 18 und 65 Jahren abgeklopft worden. 30 Aufgaben mit Bezug auf das tägliche Leben sollten die Testpersonen lösen – und erhebliche Defizite traten dabei zutage.

Gelerntes anzuwenden fällt vielen schwer

Die bevölkerungsrepräsentative Studie stellt den Deutschen kein gutes Zeugnis aus. Bei der Prozentrechnung etwa haperte es. „Solches Nichtwissen kann beispielsweise im Kontext des Aktienhandels zu deutlichen Fehleinschätzungen führen“, kommentiert die Stiftung Rechnen. Jeder zweite Befragte konnte nicht ausrechnen, wie sich eine gedrosselte oder erhöhte Fahrgeschwindigkeit auf die benötigte Fahrzeit auswirkt. Jeder Zehnte war nicht fähig, eine korrekte Hotelbuchung durchzuführen. Mit einer einfachen Additionsaufgabe kamen noch die meisten zurecht; nur drei Prozent scheiterten daran. Doch wie lange Herr Lambert unterwegs war, wenn er um 8:58 Uhr in den Zug ein- und um 15:28 Uhr wieder ausgestiegen ist, konnten bereits 23 Prozent nicht korrekt ausrechnen.

Nicht nur das reine Rechnen ließ viele der Probanden scheitern; das korrekte Lesen und Interpretieren von Grafiken fiel ebenfalls schwer; es mangelte an räumlichem Vorstellungsvermögen und an der Fähigkeit zu beurteilen, ob Ergebnisse plausibel sind.   Zu viel Text kam auch nicht gut an und führte „zu Verwirrung oder Verweigerung“. Professor Jürg Kramer, Direktor des Deutschen Zentrums für Lehrerbildung Mathematik (DZLM) zieht den Schluss: „Die Studie zeigt einmal mehr, wie wichtig eine gute Schulausbildung in Mathematik ist.“

„Gute Rechner haben mehr vom Leben“

Damit meint Johannes Friedemann von der Stiftung Rechnen natürlich keine Computer. Und erläutert: „Sind Menschen nicht fit im Rechnen und Mathematik, hat das für die Gesellschaft wie für den Einzelnen erhebliche Nachteile. Individuelle Lebensqualität geht verloren.“ Und was braucht es, um gut Rechnen zu lernen und möglichst nicht wieder zu verlernen? Na klar, guten Matheunterricht. Und immerhin, die Schule wirkt offenbar fort, denn diejenigen Testpersonen, die in der Schule gute Noten in Mathe hatten, schnitten auch in der Studie besser ab. Friedemann: „Wir brauchen einen Mathematikunterricht, der Neugierde weckt, begeistert und Menschen für den Alltag fit macht.“

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Über Lucy M. Laube

Lucy M. Laube ist eine freie Journalistin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Zu ihren bisherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem Radio Bremen, Greenpeace und das Goethe-Institut. Seit Anfang 2012 schreibt sie als Redakteurin für das Artikelmagazin.