
In Kidzania müssen Kinder auch eine Einkommenserklärung abgeben. Bild: © picture alliance / Kyodo
Edutainment ist ein Konzept, das die Bildung mit der Unterhaltung verknüpft und aus dem Englischen entsprechend mit „unterhaltsamen Lernen“ übersetzt werden kann. Grundsätzlich ist daran auch nichts auszusetzen, denn beim frühen Lernen ist nichts wichtiger als Spaß an der Sache. Trockene Textpassagen lernen sich nicht halb so gut wie ein gut durchdachtes Unterhaltungsprogramm, das gekonnt Lehrinhalte vermittelt. Auf diesem Konzept beruht auch Kidzania, ein „Vergnügungspark“ für Kinder.
Schuften und konsumieren lautet die Devise
Unter einem Vergnügungspark stellt man sich natürlich ausgelassene Aktivitäten in entspannter Atmosphäre vor, doch weit gefehlt. Bei den Kidzania Parks tritt man auf eine Mikro-Gesellschaft, in der auf das Berufsleben vorbereitet werden soll. Die Parks bieten laut eigener Beschreibung ein sicheres, einzigartiges und realistisches Bildungsumfeld Kinder zwischen vier und zwölf Jahren. Dabei handelt es sich um ein Rollenspiel, das erwachsene Aktivitäten nachahmt. Wie in der echten Welt gehen die Kinder in den Parks einem Beruf nach, werden dafür bezahlt und dürfen ihr Geld dann wieder für Ware oder Unterhaltung ausgeben. Dafür wurde mit den KidZos eine eigene Währung geschaffen. Aber ist das Konzept wirklich noch Edutainment oder werden hier Kinder schon frühzeitig auf Schuften und konsumieren gedrillt. Leben, um zu arbeiten?
Fürsorge durch Markenintegrität
Während unabhängig finanzierte Edutainment-Angebote durchaus sinnvoll sind, treten bei Kidzania die Firmen selbst als Sponsoren auf und nehmen die Kinderlein von klein auf unter ihre Fittiche. Im Park in Japan beschäftigt beispielsweise Sony die Kinder, um sie nach einem anstrengenden Tag gleich mit der passenden Unterhaltungselektronik zu versorgen. Auch andere Sponsoren wie zum Beispiel Coca Cola, Unilever oder Kellog‘s dürfen bei KidZania natürlich nicht fehlen. Arbeit, Konsum und Unterhaltung verschmelzen also zu einem großen Ganzen, das kaum noch Platz für das Denken übrig lässt. Das Überraschende oder vielleicht auch nicht so Überraschende an der Sache ist, dass den Kindern die erwachsene Konsumsimulation tatsächlich Spaß bereitet. Ein Schelm, wer bei dem Konzept an Konditionierung denkt.
Die Parks breiten sich aus
Kidzania beruht auf einem Franchise-Konzept und ist bereits auf vielen Kontinenten zu finden. Unter anderem in Japan und Süd-Korea, in Ägypten, Kuwait und Saudi-Arabien oder auch in Russland, in der Türkei und ganz in unserer Nähe in Portugal. Selbst Süd-Amerika ist mit Standorten in Brasilien, Mexiko oder Chile vertreten. Da die Parks offenbar recht erfolgreich sind und regen Ansturm durch die Bevölkerung finden, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis ein solcher auch in Deutschland zu finden sein wird.
Schöne, neue Welt
Die besten Sklaven sind die, die gar nicht erst wissen, dass sie welche sind und von der Kraft einer unsichtbaren Peitsche angetrieben werden, die nicht sofort schmerzende Wunden verursacht, aber die Herde langfristig im Zaum zu halten vermag. Intelligenter und diabolischer zugleich kann ein System gar nicht funktionieren, womit Kidzania einen weiteren beunruhigenden Schritt in Richtung gesichtsloser, materieller Gesellschaftsentwicklung markiert, bei der die kollektive Ressource voll ausgeschöpft werden soll, natürlich nicht ohne festen Schlag in das Gesicht individueller Bestimmung und spiritueller Freiheit.
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