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Kulturgut:

Brüssel will Pompeji vor dem endgültigen Untergang retten

Die antiken Anlagen von Pompeji sind vom Einsturz bedroht. Die EU steuert einen „Rettungsfonds“ in Höhe von 105 Millionen Euro zum Erhalt des Weltkulturerbes bei.

Zutritt verboten - Große Teile der antiken Anlagen in Pompeji können von Besuchern wegen Einsturzgefahr nicht betreten werden.„Das antike Pompeji verfällt zum zweiten Male“, hieß es seit Jahren angesichts des beklagenswerten Zustands dieser antiken Stadt, die Welterbe der Unesco ist. Seit dem Jahr 2010  waren zeitweise nur sechs der rund 1500 normalerweise zugänglichen Villen für Besucher geöffnet. Die Hälfte der weltbekannten Ausgrabungen kann überhaupt nicht  besichtigt werden. „Achtung Einsturzgefahr“ steht auf den Schildern überall im Areal. Vor zwei Jahren stürzte über Nacht das „Haus der Gladiatoren“ zusammen. Anfang September 2012 krachte ein Deckenbalken der Villa dei Misteri herunter – die Villenanlage stammt aus dem 2. Jahrhundert vor Christus und gehört mit ihren Fresken zu den bedeutendsten Kulturschätzen jener Epoche.

Europäische Union springt ein

Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass die italienische Regierung seit Jahren die Zuschüsse zum Erhalt Pompejis heruntergefahren hat, springt nun die Europäische Union ein. Aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sind 105 Millionen Euro zur Sanierung, oder zumindest zur Teilsanierung dieser Kulturstätte bereitgestellt worden. Und die Arbeiten haben auch begonnen, was in Italien nicht immer so selbstverständlich ist. Ziel dieses „EU-Rettungsschirmes“ ist es, Pompeji langfristig als Kulturstätte und damit zugleich als Touristenattraktion zu erhalten.

Bestandssicherung und Mitarbeiterschulung

Die Finanzmittel werden für den Zeitraum bis 2013 gewährt. Vorgesehen ist eine ganze Reihe von Maßnahmen:
–    Bestandssicherung in der Ausgrabungsstätte, zunächst an den Stellen, die auf der „Risikokarte“ der Archäologen als besonders gefährdet ausgewiesen sind.
–    Bau einer Kanalisation und eines Entwässerungssystems auf dem nicht freigegebenen staatlichen Gelände, das die antiken Gebäude überlappt.
–    Bestandssicherung, Sanierung und Ausbesserungsarbeiten  im Zuge systematischer Konservierung.
–    Bessere Ausbildung der Mitarbeiter der Sonderverwaltung für die archäologischen Stätten von Neapel und Pompeji, die auf dem Gelände tätig sind.

Zuschüsse gab es schon vor zehn Jahren

Pompeji - das "Haus der Gladiatoren" ist 2010 eingestürztEinige Vorbereitungsarbeiten waren im Frühsommer 2012  bereits angelaufen. Insgesamt geht es um 39 Projekte. Zur Begründung für die Genehmigung des gesamten Projektes sagte der zuständige EU-Kommissar für Regionalpolitik, Johannes Hahn: „ Wir haben dieser groß angelegten Sanierung zugestimmt nicht nur im Interesse Italiens, sondern im Interesse des geschichtlichen Erbes Europas. Ich bin mir sicher, dass sich die Sanierung positiv auch auf den Tourismus und die Wirtschaft in der Gegend auswirkt und damit im weiteren Sinne auf alle Menschen, die in dieser Region leben“. Die jetzige Finanzspritze ist allerdings nicht die erste EU-Hilfe: Im Zeitraum 2000 bis 2005 waren im Rahmen der europäischen Regionalpolitik auf dem Gelände der antiken Stadt bereits 22 Restaurierungsprojekte mit 7,7 Millionen Euro – das waren seinerzeit 50 Prozent der Gesamtkosten – aus dem EU-Regionalfonds unterstützt worden.

Im Jahr 79 nach Christi Geburt hatte der  explodierende Vulkan Vesuv die blühende Stadt Pompeji mit ihren rund 20.000 Einwohnern unter sich begraben. Damals schon entsetzte sich der Dichter Martial: „Selbst Götter hätten sich dergleichen nicht erlauben dürfen“….

Private Investoren nicht unerwünscht

Insgesamt trägt Italien natürlich schwer unter der (finanziellen) Last seines überreichen antiken Erbes. Im benachbarten Herkulaneum hat ein amerikanischer Sponsor dafür gesorgt, dass 30 Archäologen und Restauratoren Arbeit finden und das antike Erbe erhalten. In Rom will der Schuhfabrikant delle Valle das Kolosseum sanieren. Und auch Antonio Varone, der Direktor von Pompeji, würde sich auf Dauer nicht gegen private Investoren wehren. Allerdings dürften sie nicht zu „Betreibern eines öffentlichen Kulturgutes“ werden. Dies müsse der öffentlichen Hand vorbehalten bleiben.

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Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.