Startseite / Kultur / Geschichte / Die Lateinische Münzunion

Währungsvereinigung:

Die Lateinische Münzunion

Die lateinische Münzunion - Währungsvereinigung mit wackligen FüßenAls Gold noch die Grundlage für das Währungssystem bildete, war es nicht ganz so wichtig was auf einer Münze drauf stand, sondern viel wichtiger was drin war, um genauer zu sein, wie viel Gold oder Silber in der jeweiligen Münze enthalten war und zwar möglichst auf das zehntel Gramm genau. Das erhöhte schon vor Zeiten der Währungsunionen die Chance auf internationalen Handel, so waren die Kaufleute doch eher am Edelmetall interessiert, denn an den Worten oder Währungen die auf die Münzen geprägt waren. Um die Akzeptanz untereinander jedoch zu stärken und auch Währungen zu erhalten, die eins zu eins getauscht werden konnten, gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eine Währungsunion innerhalb Europas: Die Lateinische Münzunion.

Das Zahlen sollte einfacher werden

Nachdem es die US-Amerikaner vorgemacht hatten, führte Frankreich im Jahre 1794 auch das Dezimalsystem für seine Münzen ein. Dieses sollte die vorigen, teilweise sehr komplizierten Stückelungen ersetzen und das Bezahlen inklusive Umrechnen insgesamt einfacher machen. Entsprechend legten die Franzosen fest, dass ein Franc umgerechnet in die kleinere Einheit einhundert Centimes ergibt. Die 1 Franc Silbermünze war zu diesem Zeitpunkt bereits genormt, wog insgesamt 5 Gramm und musste in ihrer Legierung exakt 4,5 Gramm Feinsilber enthalten. Innerhalb des neuen Währungssystems wurden nach gleichem Muster auch Goldmünzen geprägt, wobei die Umrechnung von Silber zu Gold in einem Verhältnis von 1 zu 15,5 erfolgte, das heißt, dass ein Gramm Gold also den 15,5-fachen Wert des Silbers innehatte. Das System war einfach, übersichtlich und fand schon bald Anhänger über die französischen Grenzen hinaus. So führten Belgien und die Schweiz nämlich zeitnah ein ähnliches System in ihren Ländern ein.

Verschiedene Länder, gleiches Geld

Da das französische System also schnell Nachahmer fand, wurden schon vor einer möglichen Union teilweise die Währungen untereinander akzeptiert. Ein französischer Händler konnte sich sicher sein, dass er für seine Ware in Belgien den gleichen Edelmetallgegenwert erhält, wie in seinem eigenen Land auch – ein Vorteil, der bei vielen Kaufleuten gut ankam, war das Handeln durch das Dezimalsystem doch erheblich einfacher und bequemer geworden. Die Entsprechungen zwischen Gold- und Silbermünzen wurden weiter verfeinert. Zum Beispiel entsprachen zwei silberne 5-Franc Münzen einer goldenen 10-Franc Münze und zwar nicht nur in der Währung, sondern auch im tatsächlichen Metallgehalt. In einer 5-Franc Münze war also auch gerade so viel Feinsilber enthalten, dass dessen Wert tatsächlich den aufgeprägten 5-Franc entsprach. Solche Münzen nennt man übrigens Kurantmünzen. Deren Metallwert entspricht dabei der aufgeprägten Währung. Münzen, die einen geringeren metallischen Wert aufweisen als die Währung darauf angibt, werden als Scheidemünzen bezeichnet. Um Scheidemünzen handelt es sich beispielsweise bei allen heutigen Euro-Münzen.

Da das französische Münzsystem auf allgemeine Beliebtheit stieß und immer weitere Kreise um sich zog, einigte man sich im Jahre 1865 schließlich darauf, die technischen Details der Münzen, deren Ausgabepolitik und auch die gegenseitige Akzeptanz vertraglich zu regeln. So unterzeichneten Frankreich, die Schweiz, Belgien und Italien noch im gleichen Jahr einen Vertrag, der die Lateinische Münzunion besiegelte, die am 1. August 1866 Inkrafttreten sollte. Ende des Jahres 1868 trat auch Griechenland der Union bei, was außenstehenden Ökonomen schon damals ein Dorn im Auge war. So urteilte der US-amerikanische Ökonom Henry Parker Willis schon zu Ende des 19. Jahrhunderts hart über Griechenland und gab dessen Misswirtschaft und Korruption als Schwächung der Münzunion zu bedenken. Doch die Vereinigung der Währungssysteme ging zunächst gut. Der Vertrag wurde immer wieder erneuert und zwischendurch gab es immer wieder einmal kleinere Probleme, aber der Anfang des Bruches kam erst mit dem Aufkommen des Ersten Weltkrieges. Außer der neutralen Schweiz stellten alle Mitglieder ihre Währung auf das Scheidemünz-System um. Das ganze System bröckelte und die endgültige Auflösung der Lateinischen Münzunion war im Jahre 1926 dann unabdingbar.

Ein Währungssystem macht weltweite Schule

Das besondere an der Lateinischen Münzunion war, dass es sich zwar auf dem Papier um ein geschlossenes System zwischen den Vertragsländern handelte, in der Praxis aber weltweit nach dem System verfahren wurde. So folgten auch Länder wie Serbien, Rumänien, Spanien, Polen oder Venezuela dem französischen Vorbild und prägten Ihre Münzen nach dem Standard der Lateinischen Münzunion ohne dem Vertrag anzugehören. Unzählige Länder rund um den Globus nutzten das Dezimalsystem, berücksichtigten den Feinmetallgehalt und machten es den Kaufleuten weltweit zu einer einfachen Angelegenheit untereinander Handel zu treiben. Die Menschen, die vom internationalen Handel betroffen waren, interessierten sich natürlich nicht sonderlich für die politischen oder vertraglichen Gegebenheiten, sondern freuten sich darüber, dass sie nicht mehr so viel wiegen und rechnen mussten. Und die Münzsammler heute freuen sich natürlich auch, dass die begehrten Edelmetallmünzen durch die weltweite Verbreitung zu einem weiten Feld geworden sind und durchaus für mehr Vielfalt in der eigenen Münzbox sorgen können.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.