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Unehrenhafter Kriegeradel:

Ronin – Die herrenlosen Samurai

Samurai, die ihrem Herrn nach dessen Tod nicht durch Seppuku folgten, nannte man in Japan: Ronin. Ein Rückblick in die Geschichte der Krieger.

Ronin waren herrenlose Samurai in Japan.

Ronin – das sind Samurai, die ihrem Herrn nicht in den Tod gefolgt sind. Bild: © picture alliance / kpa

Samurai waren edel, tapfer und so loyal, dass der vorindustrielle, japanische Kriegeradel sogar seinen Herren in den Tod folgte und das eigene Leben bedingungslos unter höhere Ziele stellte. Doch nicht alle Samurai folgten dieser damals absolut ehrenwerten Loyalität, sondern widersetzten sich den Tugenden ihrer Kaste. Derartige Samurai lebten auch nach dem Tod ihrer Herren weiter, wurden von diesen aufgrund unehrenhaften Verhaltens verstoßen oder gar vom Shogunat höchst selbst ihres Amtes enthoben. Und solch herrenlose, vagabundierende Samurai nannte man Ronin.

Ein Stand ohne Ehre

So edel und angesehen die Samurai auch gewesen sein mochte, verkehrten sich der Respekt und das Ansehen als Ronin in das vollkommene Gegenteil und wurden durch Hohn und Spott ersetzt.  Doch die Anzahl der Ronin nahm während der Edo-Zeit nicht ganz ohne Grund enorm zu. Denn während vor dieser Zeit die Samurai durchaus ihren Herren wechseln konnten und deren Leben generell von eher lockeren Regeln bestimmt war, entwickelte sich ab dem 17. Jahrhundert ein starres und strenges Ständesystem, das den Samurai kaum noch Luft zum Atmen ließ. Zwar war der Stand als Samurai sehr ehrenwert und angesehen, doch waren die Pflichten und Aufgaben enorm. So war es den Samurai während der Edo-Zeit beispielsweise verboten, den Beruf zu wechseln oder eine Frau aus einem anderen Stand zu heiraten. Den Herren durften die Samurai nur mit der Erlaubnis des alten Herren wechseln und kam dieser zu Tode, mussten die loyalen Krieger folgen und sich durch Seppuku, also durch den rituellen Selbstmord, das Leben nehmen. Viele hielten sich tapfer an die strengen Regularien, doch waren die Anforderungen und der Preis auch vielen Samurai zu hoch, woraufhin sie ihren Stand unehrenhaft verließen. Doch auch das anschließende Leben als Ronin war nicht einfach, so hatten diese in der Regel Mühe ein anständiges Leben zu führen und vagabundierten häufig quer durch das Land. Doch auch unter den Ronin gab es Persönlichkeiten, die positiv von sich reden machten.

Die tragische Geschichte der 47 Ronin

Der Ehrenkodex des Samurai besagte also, dass dieser sich nach dem Ableben seines Herren selbst töten muss. Doch in einem besonderen Ereignis versuchten 47 zurückgebliebene Samurai, den Tod ihres Herren zu rächen. Obwohl die 47 Krieger offiziell als Ronin gebrandmarkt waren, gilt die Geschichte als beispielloser Beweis der Ehre und Treue und wird teilweise zu den Nationalmythen in Japan gezählt. Etwas vereinfacht erzählt die Geschichte der 47 Ronin von dem Fürsten Asano Naganori, der zusammen mit dem Fürsten Kamei Korechika an den Hof des Shoguns berufen wurde, um die Zeremonie für einen Abgesandten zu organisieren. Um dies bewerkstelligen zu können, mussten die beiden Fürsten ihrerseits die Unterweisungen des Zeremonienmeisters Kira Yoshihisa am Hofe des Shoguns in Anspruch nehmen. Dieser war mit seinen zwei Schützlingen jedoch unzufrieden, da diese nicht die erwarteten Geschenke für eine „staatliche“ Unterweisung mitbrachten und piesackte die beiden.

Kamei plante daraufhin, den Zeremonienmeister zu ermorden, doch ertrug Asano die Schmach in stiller Würde und wollte sich nicht an dem Plan beteiligen. Die Ermordung eines Hofbeamten hätte jedoch ungeahnte Folgen für das ganze Land gehabt, sodass Kamuis Ratgeber heimlich den Zeremonienmeister mit einer riesigen Summe bestachen, woraufhin dieser den Fürsten Kamui schon beinahe königlich behandelte. Der Fürst Asano bekam hingegen den vollen Zorn des Zeremonienmeisters Kira zu spüren, bis sich die Ereignisse schließlich in einer Weise verketteten, die zu einer kleinen Katastrophe führen sollten. Denn Kira trieb sein Spielchen mit Asano derart auf die Spitze, dass der Fürst seine Waffe erhob und den Zeremonienmeister verletzte. Alleine das Erheben der Waffe gegen einen Beamten wurde mit dem Tod bestraft und Asano wurde gezwungen, sich selbst durch Seppuku zu töten.

Asanos 300 Samurai waren plötzlich zu Ronin geworden und hatten durch die befleckte Ehre des Hauses Asano kaum eine Chance wieder einen Platz als Samurai zu finden, weshalb sich 47 Ronin entschlossen, den Mord an ihrem Herren zu rächen, obwohl eine Blutrache in solch einem Falle verboten war.  Neben der harten Strafe die sie erwarten würde, war den 47 verschworenen Ronin aber auch bewusst, dass sich Kira nach dem Vorfall unter strenger Bewachung im Hof des Shoguns befand. Um nicht blind in den Tod zu stürzen, planten die Ronin ihre Rache dann von langer Hand und verstreuten sich zunächst im Land. Kira selbst blieb sehr misstrauisch und ließ die Ronin von Spionen überwachen, die ihm nach Monaten aber berichteten, dass es sich bei den Ronin um feige und unfähige Samurai handelte, die überhaupt nicht in der Lage waren, den Zeremonienmeister zu töten. Doch gehörte die zur Schau getragene Tölpelhaftigkeit der Ronin zum Plan und einige verschafften sich als Handwerker oder Händler Zugang zum Hof des Shoguns, um die Sicherheitsvorkehrungen ihrerseits auszuspionieren. Einer der Ronin heiratete gar die Tochter eines Baumeisters, der am Hof des Shoguns tätig war, nur um an die Pläne des Gebäudes zu kommen.

Nach einem Jahr befand der Kopf der Ronin-Verbündeten, Ōishi Kuranosuke, dass die Zeit für die Rache gekommen war. In einer strategischen Meisterleistung drangen die Ronin schließlich in das Haus des Zeremonienmeisters und schnitten ihm den Kopf ab, um ihn als Gabe am Grab ihres Herren niederzulegen. Obwohl die Rache des Herren auf dem Weg des Kriegers grundsätzlich erlaubt war, handelt es sich in diesem speziellen Fall um die Tötung eines Staatsmannes, was unweigerlich zur Todesstrafe führte. Der Shogun verurteilte 46 Ronin zum Tode, gab ihnen aber die Möglichkeit des ehrenhaften Seppuku, den die Männer zusammen ausführten. Da einer der Rächer aufgrund seines jungen Alters begnadigt wurde, wird die Geschichte auch häufig als die der „46 Ronin“ erzählt, was im Allgemeinen aber eher für Verwirrung sorgt.

Die 46 Ronin wurden nach ihrem Selbstmord wunschgemäß im Sengaku-ji-Tempel in Tokio beigesetzt. Noch heute pilgern Menschen zu dessen Gräbern – um den mutigen Kriegern die Ehre zu erweisen.

Weitere berühmte Ronin

Nachdem die Geschichte der 47 Ronin in gesamter Ausführlichkeit doch ziemlich lang und komplex ist, gibt es auch zwei Ronin deren Geschichte schneller und einfacher erzählt ist. Zum einen handelt es sich um Miyamoto Musashi, der in seinem wegweisenden Buch der fünf Ringe die Kunst des Schwertkampfes festhielt. Der zweite berühmte Ronin hieß Iwasaki Yataro und schuf im Jahre 1873 mit der Gründung seiner Firma die Basis für ein Unternehmen, das noch heute vielen ein Begriff sein dürfte: »Mitsubishi«.

Buchtipp:Das Buch der fünf Ringe: Mit einer Biografie“ (ISBN 978-3940185020) von Miyamoto Musashi. Das Buch ist erschienen im RaBaKa-Publishing Verlag und kostet 7,00 Euro.

Die Krieger des alten Japan – Berühmte Samurai, Ronin und Ninja“ (ISBN 978-3938305072) von Roland Habersetzer. Das Buch ist erschienen im Palisander Verlag und kostet 28,00 Euro.

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