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Bis in den Tod:

Selbstmordkommandos – Das eigene Leben als effektive Waffe

Selbstmordkommandos: Kamikaze-Flieger im zweiten WeltkriegGerade in Blütezeiten des Terrorismus wird das Selbstmordattentat als besonders feige, hinterhältig und verwerflich angesehen, doch ist die Vorgehensweise nüchtern betrachtet weder etwas Neues, noch etwas Ungewöhnliches. Schon seit Jahrhunderten sind Selbstmordkommandos ein einfaches, aber effektives Mittel, um den Feinden unvorbereitet großen Schaden zufügen zu können. Das mag nun beinahe zynisch klingen, doch hat der Krieg bekanntlich nur ein Gesicht und zwar ein grässliches. Und nach den schönen Seiten braucht man erst gar nicht zu suchen, die gibt es nicht.

Kamikaze – Der göttliche Wind

Die japanischen Kamikaze-Flieger des Zweiten Weltkrieges waren die ersten Selbstmordattentäter im großen Stil und unter militärischer Führung. Nachdem die Belagerung der US-Amerikaner mit Kriegsschiffen in japanischen Gewässern zu einer kaum noch zu bewältigenden Bedrohung herangereift war, starteten die Japaner einen unerwarteten Selbstmord-Feldzug gegen das amerikanische Kriegsgerät. Ganze Verbände aus Kampfflugzeugen, die teilweise aus mehreren Hundert Einheiten bestanden, flogen keine Angriffe im herkömmlichen Sinn, sondern wurden selbst zu geschossen, indem man sie einfach in das Ziel lenkte und abstürzen ließ. Die größte Gefahr bei diesen Angriffen ging dabei nicht einmal von den Bomben aus, die sich an Bord befanden, sondern wurde durch das Auslaufen des Treibstoffes provoziert, der das Schiffsinnere zum brennenden Inferno machte und den Munitionsvorrat zum Explodieren brachte. Obwohl viele japanische Flieger bereits in der Luft abgefangen wurden und vergleichsweise nur wenig Schaden anrichteten, waren diese Art der Angriffe durch ihre überfallartigen Überraschungsmomente aus Sicht der Japaner zum einen effektiver als ein „normaler“ Angriff, zum anderen aber auch der letzte, verzweifelte Versuch sich aus dem Würgegriff der Angreifer zu befreien.

Die Flieger selbst waren dabei keineswegs nationale Fanatiker, die allesamt bereit waren ohne ein Wimpernzucken für ihr Land zu sterben. Nach einigen Aussagen von überlebenden Piloten herrscht gar die Ansicht, dass nur junge Piloten ohne Erfahrung gewählt und zu den Selbstmordattentaten durch psychische Folter gezwungen worden seien. Möglicherweise gab es sowohl den einen als auch den anderen Fall, doch war die Motivation insgesamt wohl deutlich vielschichtiger. Einige sahen sich einfach als Soldaten, die eine Pflicht zu erfüllen hatten, andere sahen in den Kamikaze Flügen die letzte Hoffnung ihr Land und dessen Bevölkerung zu retten und viele handelten auch in der Tradition der Samurai und nahmen den Tod zur Wahrung eines höheren Zieles in Kauf. Wie auch immer die Beweggründe ausgesehen haben mögen, war der Beitritt zur Marineluftwaffe zu jedem Zeitpunkt freiwillig. Während der Kamikaze Flüge starben etwa 3000 japanische Soldaten.

Shimpū Tokkōtai - der Kamikaze im TodesflugDer Begriff Kamikaze heißt übersetzt übrigens so viel, wie „göttlicher Wind“ oder „Hauch Gottes“ und bezeichnet zwei historische Taifune, die den Japanern in kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Mongolen Vorteile verschafften. Die Kampfflieger selbst wurden in Japan nie mit Kamikaze betitelt. Der Irrtum rührt aus einem Übersetzungsfehler der Amerikaner während des Zweiten Weltkrieges. Die asiatischen Schriftzeichen „Kanji“ besitzen zwei Möglichkeiten gelesen zu werden und die Übersetzer hatten sich für die falsche Variante entschieden. Denn richtig heißen die Kampfflieger „Shimpū Tokkōtai“. Der Begriff Kamikaze hatte sich allerdings dermaßen schnell verbreitet, dass er bis heute allgemeine Akzeptanz außerhalb Japans gefunden hat.

Selbstmordattentate bis heute

Während die Selbstmordflüge im Zweiten Weltkrieg eine groß angelegte, militärische Strategie verfolgten, sind die übrigen Selbstmordattentate eher in kleineren Maßstäben angelegt, die entweder auf einzelne Personen zielen oder auf möglichst viel Aufmerksamkeit, um bestimmte Interessen in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Derartige Vorgehensweisen finden sich aber in allen Kulturen und Epochen der Geschichte wieder. Bereits in der Antike gab es Selbstmordanschläge durch muslimische Assassinen oder auch durch die Soldaten Christi. Oftmals liegen den Selbstmordattentaten tatsächlich Glaubensfragen zugrunde und die Täter galten und gelten bis heute als Märtyrer. Doch ist dies nicht zu verallgemeinern und kann auch vollkommen glaubensunabhängig geschehen. So sprengte sich einer Legende zufolge der Preuße Carl Klinke im Jahre 1864 selbst in die Luft und entschied dadurch den Deutsch-Dänischen Krieg. Durch den rasanten technischen Fortschritt, der die Möglichkeiten der Kriegsführung nicht nur vorantreibt, sondern nicht selten aus dieser hervortritt, werden Selbstmordattentate heutzutage nur noch mit Terroristen oder Guerilla-Kämpfern verknüpft, denen aufgrund mangelnder, kriegerischer Ausstattung meist nicht viele Alternativen bleiben ihre Feinde zu treffen.

Himmelfahrtskommandos

Das Himmelfahrtskommando unterscheidet sich in seinem Ausgang nur selten von denen der Selbstmordkommandos, doch ist die Intention eine andere. Während bei den vorbezeichneten Aktionen der Selbstmord während des Einsatzes gewollt und fest eingeplant ist, ist der tödliche Ausgang bei einem Himmelfahrtskommando nicht zwingend vorprogrammiert, aber dennoch kaum zu vermeiden. Ein Himmelfahrtskommando steht vor einer Aufgabe, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern wird, aber trotzdem durchgeführt werden muss. Es wird also durchaus fest damit gerechnet, dass der komplette Trupp aus seinem Einsatz nicht mehr zurückkehren wird. Ein stark vereinfachtes Beispiel ist die Zerstörung wichtiger, strategischer Objekte im Feindesgebiet, um Abwehrsysteme zu schwächen. Der beauftragte Trupp begibt sich hinter feindliche Linien, sorgt mit seinem Auftrag für Aufsehen, wodurch die Chancen dramatisch sinken, das feindliche Territorium wieder lebend zu verlassen. Solche Operationen sind in der modernen Kriegsführung kaum noch anzutreffen, werden oftmals aber auch mit dem typischen Einsatz von „Kanonenfutter“ verglichen, wobei Menschen für „höhere“ strategische oder taktische Ziele einfach geopfert werden.

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