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Zu viel des Guten:

Wenn esoterische Praktiken zur Gefahr für Körper und Geist werden

Esoterik ist beliebt. Und dennoch gibt es esoterische Praktiken – die eher fragwürdig und gefährlich sind: Rebirthing ist so eine Praktik.

Heilende Hände - ein Wunderheiler bei der ArbeitSicherlich kann die Esoterik ein unschätzbarer Begleiter auf dem Weg sein, sich besser oder wohler zu fühlen. Gegen Entspannung, Meditation oder Wohlfühltherapien gibt es auch kaum etwas, was dagegen sprechen würde. Gefährlich wird es nur dann, wenn mit der Esoterik Krankheiten geheilt werden sollen, seien sie nun körperlicher oder psychischer Natur. Denn hierbei werden teilweise gefährliche Methoden praktiziert, die für den Patienten böse enden können.

Esoterik als Ersatz für psychologische Behandlung

Nicht alle Mediziner betrachten die Esoterik an sich als etwas Negatives. Ganz im Gegenteil gibt es gar Ärzte, die zu einer unterstützenden esoterischen Therapie als Ergänzung zu der medizinischen Behandlung raten. Beispielsweise kann eine Aromatherapie tatsächlich dabei helfen zu entspannen oder andere esoterische Praktiken können dazu führen positiver zu denken. Kritisch wird es jedoch, wenn die Esoterik eine medizinische Behandlung ersetzen soll und zwar auch gerade solche, die sich um die Psyche des Menschen drehen. Erst kürzlich berichtete „Die Zeit“, dass es in Deutschland schätzungsweise zwischen 10.000 und 20.000 Anbieter esoterischer Praktiken gibt. Das sind fast genauso viele, wie renommierte Fachärzte und Therapeuten. In unserer Leistungsgesellschaft nehmen die psychischen Leiden durch Stress oder Druck ständig zu, so verbuchen es jedenfalls die Krankenkassen, doch scheinen viele den Weg zu einem Therapeuten zu scheuen und begeben sich in die Hände von esoterischen Wunder- oder Fernheilern. Die Gefahr hierbei auf Scharlatane zu treffen ist jedoch hoch.

Gefährliche Praktiken

Die Versprechen mancher esoterischer Heiler sind groß, da ist die Rede von Wunderheilungen oder auch Erfolgen dort, wo die Schulmedizin versagt hat. Das Problem an der Sache ist jedoch, dass bislang keine esoterische Therapie von medizinischer Seite her bestätigt werden konnte. Werden also Erfolge erzielt, beruhen diese auf einem Placebo-Effekt und den Selbstheilungskräften des Körpers. Dass besonders letztere durch esoterische Therapien aktiviert werden kann, mag natürlich sein, doch handelt es sich dabei um harmlose Praktiken, um die es hier nicht gehen soll. Vielmehr sollen Methoden wie die Reinkarnationstherapie, das Rebirthing, die Engeltherapie oder auch die Familienaufstellung in den Mittelpunkt rücken. Dabei sollen oftmals auch körperliche Krankheiten über die Psyche behandelt werden, doch wird bei den Praktiken nicht zimperlich vorgegangen, sodass diese in der Vergangenheit schon öfter eine Gefahr für das Leben der Betroffenen wurden.

Reinkarnationstherapie gilt als besonders gefährlich

Rebirthing:
Das Rebirthing ist eine esoterische Atemtechnik, die den Patienten in eine Art Trance bringt. Hier sollen negative Erinnerung noch einmal erlebt werden. Psychologen sehen die Gefahr einer Retraumatisierung und können Halluzinationen aufgrund von Hyperventilation nicht ausschließen.

Die Reinkarnationstherapie gilt als eine der gefährlichsten Techniken, die häufig von Sekten eingesetzt wird, um Lösungen für Probleme in vergangenen Leben zu suchen. Der „Patient“ wird hierbei zu einem früheren Leben zurückgeführt, wobei die Theorie besagt, dass einem im aktuellen Leben das widerfährt, was man anderen in einem früheren Leben angetan hat. Mediziner sehen hierin gleich vielerlei Gefahren. Grundsätzlich muss man natürlich an die Wiedergeburt glauben, da das System ansonsten nicht funktioniert. Wird man dann mit Techniken wie dem Rebirthing in ein früheres Leben zurückgeführt entsteht ein unkalkulierbares Risiko für die Psyche. Experten warnen davor, dass es sich bei dem Erlebten nicht um Erinnerung längst vergangener Tage dreht, sondern meist um verdrängte Traumata, die durch das erneute psychische Erleben in anderem Kontext auch falsch interpretiert werden. Im Klartext bedeutet dies, dass die Gefühle die während einer solchen Praxis erlebt werden authentisch sind, die zugehörige Situation jedoch meist nicht. Die Folgen einer solchen Therapie können dann von einer erneuten Traumatisierung reichen, bis hin zu Schuldgefühlen, die nicht selten in Suizidabsichten enden, wie es in der Vergangenheit schon einige Male verzeichnet wurde. Denn einige Patienten nahmen sich nach der Reinkarnationstherapie das Leben, andere mussten sich einer stationären Behandlung in einer Psychiatrie unterziehen. Methoden wie die Engelstherapie, Fernheilungen oder auch die Familienaufstellung können ähnliche Risiken bergen. Besonders die Familienaufstellung beruht häufig auf Schuldfragen, welche zur psychischen Belastung der Betroffenen beitragen können.

Eine einzige Prüfung gegenüber fast 10jähriger Ausbildung

Bei den esoterischen Praktiken darf natürlich nicht übersehen werden, dass der Großteil der Anbieter mit guten Absichten und bestem Gewissen handelt. Das Problem an der Sache ist lediglich eine mangelnde Ausbildung. In Deutschland darf jeder Heilpraktiker psychisch kranke Menschen behandeln, wobei der Zulassungsschein durch eine einzelne Prüfung beim Gesundheitsamt zu erwerben ist. Natürlich ist nicht jeder Heilpraktiker auch Esoteriker, doch die, welche es sind dürfen ganz offiziell ihre Praktiken anbieten. Wie gefährlich diese werden können, ist dabei nicht jedem bewusst. Den psychologischen Therapeuten sind die Gefahren bekannt, denn diese müssen um ihre Arbeit ausführen zu dürfen zunächst fünf Jahre Psychologie studieren. Im Anschluss folgt eine praktische Ausbildung von drei Jahren in Vollzeit, beziehungsweise fünf Jahren in Teilzeit. Danach müssen wiederum sechs Patienten unter Aufsicht behandelt werden, bevor sich der Therapeut psychologischer Psychotherapeut nennen und psychisch Erkrankte behandeln darf. Die Defizite zwischen Esoterik und Medizin werden hierbei überdeutlich. Doch die Akademiker und Politiker ziehen sich in der dieser Frage gleichermaßen aus der Affäre und überlassen den Gang zum Esoteriker oder psychologischen Psychotherapeuten einzig den Betroffenen. Natürlich wäre es falsch die Esoterik im Ganzen zu verteufeln, doch sollten einzelne Angebote, die eine Erkrankung psychischer oder körperlicher Natur betreffen, genauestens geprüft und überdacht werden.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.