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Verbraucherschutz:

EU erteilt Lebensmittelampel vorerst rotes Licht

Die Lebensmittelampel gibt es in England schon eine Weile. Für Verbraucher eine gute Sache, sieht er sofort, welches Lebensmittel ungesund ist. Die EU sieht das anders.

Die Lebensmittelampel soll Verbraucher schützen.

Die Lebensmittelampel soll den Verbraucher vor ungesunden Lebensmittel schützen.

Auf das, was in England seit dem Jahr 2006 gut funktioniert, müssen deutsche Verbraucher wohl noch eine Weile warten. Die Europäische Union (EU) erteilte dem Vorschlag von Verbraucherschutzorganisationen und Kinderärzten, verbindlich eine Lebensmittelampel einzuführen, vorerst die Rote Karte. Begründet wird das mit dem Einwand, dass so eine Kennzeichnung wissenschaftlich nicht fundiert sei.

Rot, Gelb und Grün als Synonyme für „ungesund“, „mit Vorsicht zu genießen“ oder „gesund – kann bedenkenlos verzehrt werden“ – so die freie Interpretation – klingt tatsächlich äußerst unwissenschaftlich. Der Gedanke, der dahinter steckt, ist jedoch wert, dass man sich mit ihm beschäftigt.

Kampf der Ampel – freie Fahrt für mündige Konsumenten?

Das Wissen um eine gesunde Ernährung scheint immer öfter verdrängt zu werden, wenn es denn beim Einzelnen schon einmal vorhanden war. Sicher ist es heute leichter als jemals zuvor, sich ungesund zu ernähren. Die Currywurst mit Pommes ist nun mal schneller verfügbar, als die ausgewogen zubereitete Vollwertmahlzeit.

Doch liegt es nur daran? Oder ist es schlicht und einfach Unwissen, was so viele Kinder und Erwachsene hierzulande immer dicker werden lässt? Ernährungswissenschaftler wie Michael Ristow von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena schlagen seit Jahren Alarm und weisen darauf hin, dass die Gewichtszunahme bei Kindern und jungen Erwachsenen (29 bis 35 Jahre) drastisch ansteigt.

Diese Tatsache bewog sogar den Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKK) und die Vereinigung europäischer Kinderärzte, sich in die Ampelfrage einzuschalten. Im Interesse der Kinder – vor allem jenen aus sozial schwächeren Schichten – plädierten die Kinderärzte für die Einführung der Ampel-Kennzeichnung.

Die Kinderärzte erleben in der täglichen Praxis fortwährend, dass viele Eltern die Nährwerte verschiedener Lebensmittel grundfalsch einschätzen – was nicht nur an mangelndem Interesse, sondern vor allem am mangelnden Wissen liegt.

Und genau dort, bei der Wissensvermittlung, hätte die Lebensmittel-Ampel ansetzen sollen. Lebensmittel mit einem hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehalt wären deutlich sichtbar rot gekennzeichnet worden, wohingegen Lebensmittel mit moderatem oder sehr niedrigem Zucker-, Fett- und Salzgehalt gelbes oder sogar grünes Licht erhalten hätten.

Die Lebensmittelindustrie selbst steht der Ampel-Kennzeichnung ausgesprochen kritisch gegenüber. Bekannte Lebensmittelhersteller, die sich in der Initiative „Ausgezeichnet informiert“ zusammengeschlossen haben, möchten den Verbraucher „nicht bevormunden“ und lehnen die Ampel daher strikt ab.

Licht im Nährwertdschungel

Zucker, Fett und Salz – wer sich nicht rund um die Uhr mit seiner Ernährung beschäftigen möchte, verliert da schnell den Überblick. Natürlich ist allgemein bekannt, dass man nicht so viel Zucker, Salz oder Fett verzehren sollte. Nur – wie viel ist denn eigentlich „nicht so viel“?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt fest, dass ein gesunder Mann nicht mehr als 60 g Zucker am Tag verzehren soll. Zum Vergleich: Eine durchschnittliche Flasche Apfelschorle (500ml) enthält 28g Zucker – von Süßwaren und verstecktem Zucker ganz zu schweigen. So schlagen 30g mancher Frühstücksflocken mit 15g Zucker zu Buche, gleiches gilt für 1 Portion Nuss-Nougat-Creme à 25g.

Beim Fett einigt sich die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf eine Menge von 60g (Frauen) – 80g (Männer) am Tag. Zum Vergleich dazu: Ein Croissant enthält 20g Fett und 1 Paar Wiener ca. 25 g Fett.

Und wie sieht es beim Salz aus? Hier empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) täglich nicht mehr als 6 g Kochsalz am Tag zu konsumieren. Tatsächlich liegt der durchschnittliche Salzkonsum oft bei bis zu 12g – was unter anderem Fertiggerichten und Wurstwaren geschuldet ist.

Ampel gut, alles gut?

Sicher wäre die Einführung der Lebensmittelampel kein Allheilmittel. Ohne das Wissen um die verschiedenen Nährwerte und deren empfohlene Verzehrmenge ist es generell sehr schwer, sich gesund und ausgewogen zu ernähren.

Zudem lässt die Ampel-Kennzeichung die „verbotenen“ Lebensmittel nicht weniger lecker erscheinen und ob eine Kennzeichnung wirklich abschreckend wirkt, ist seit der Einführung der Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen fraglich.

Tatsache ist auch, dass kaum ein Lebensmittel so einfach der Kategorie „gesund“ oder „ungesund“ zugeordnet werden kann, wie es die Lebensmittelampel erforderlich machen würde. Wie wertvoll ein Lebensmittel aus ernährungsphysiologischer Sicht ist, hängt von vielen Teilaspekten ab, denen nur mit einer differenzierten Kennzeichnung Rechnung getragen werden kann.

Bleibt also alles wie gehabt und ist der Verbraucher der Willkür der Lebensmittelindustrie hoffnungslos ausgeliefert? Mitnichten. Denn was letztendlich im Einkaufswagen landet, bleibt jedem selbst überlassen. Und ob man seine Ernährung dem Prinzip „Versuch macht klug“ unterstellt oder sich vor dem Verzehr informiert, fällt ebenso in Eigenregie.

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Ein Kommentar

  1. Mein Name ist julia und ich gehe in die 10.klasse eines gymnasuims.mit dem jahrgang führen wir ein EU- simulatiosprojekt durch.ich vertrete mit einer partnerin das land lettland.als thema wurde die lebensmittelampel gewählt. hat jemand vielleicht infos über die lebensmittelampel in bezug auf lettland für uns?
    über eine schnelle antwort würden wir uns sehr freuen 🙂