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Trinken mit Freude:

Mythen rund um den Weingenuss

Weinprobe - Weintrinken mit FreudeIn den letzten Jahren boomte der Wein in Deutschland regelrecht und der „alkoholische Traubensaft“ konnte sich rein mengenmäßig schon beinahe ebenbürtig neben den Massenkonsum des Biers stellen. Doch um die Menge soll es hier überhaupt nicht gehen, sondern vielmehr um den Genuss. Und gerade dieser kann nämlich durch den einen oder anderen Irrtum aus der Weinwelt getrübt werden. Hier ein kleiner Überblick, wie das Weintrinken nicht nur schmeckt, sondern auch Spaß macht.

Rotwein schmeckt bei Zimmertemperatur am besten

Seit jeher haftet es dem Rotwein an, dass er bei Zimmertemperatur am besten schmecke. Unsinn, wie die Experten meinen, denn die optimale Temperatur des Rotweins liegt bei etwa 16 bis 18 Grad Celsius und das ist deutlich unter der vielerorts propagierten Zimmertemperatur. Der Mythos, dass nur warmer Wein schmecke, geht noch auf Kaiser Wilhelm zurück. Zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches trank man den Wein im ungeheizten Speisezimmer. Je nach Jahreszeit kam man damals dann durchaus an die optimalen 16 bis 18 Grad Celsius, doch heute dürfte dies wohl in keinem Haushalt mehr die Wohlfühltemperatur sein. Und zur Überraschung vieler, glänzt zu warmer Rotwein ganz und gar nicht mehr. Denn ist der Wein zu warm, so fängt der Alkohol an zu stechen und der Wein verliert an Eleganz und Charakter. Wer den Rotwein also wirklich genießen will, der trinkt ihn besser nicht bei Zimmertemperatur, sondern etwas kühler.

Rotwein muss dekantiert werden

Beim Dekantieren wird der Wein mit Sauerstoff versetzt und generell zu sagen, dass ein Rotwein atmen müsste, ist schlicht und ergreifend falsch. Einem neuen und modernen Wein, der sehr voluminös und tanninreich ist, kann das Dekantieren sicherlich gut tun, aber bei älteren Weinen kann das Umgießen in eine Karaffe sogar zum Zusammenbruch führen. Weine, die zehn Jahre oder älter sind, haben es meist überhaupt nicht nötig zu atmen und schmecken auch hervorragend direkt aus der Flasche. Einem alten Bordeaux oder Burgunder kann ein wenig Sauerstoff nicht schaden, aber grundsätzlich alle Rotweine umzugießen, ohne diese zuvor probiert zu haben, zeugt leider von nicht mehr und nicht weniger als Unwissen. Lassen Sie im Zweifelsfall den Wein also lieber da, wo er ist, nämlich in der Flasche.

Rotwein passt gut zu Käse

Sommer-Picknick - Käse passt besser zu WeißweinDass Rotwein grundsätzlich zu Käse passen soll, ist ein weit verbreitetes Klischee. Denn in Wahrheit passen die beiden gar nicht so gut zusammen, wie es oftmals behauptet wird. Vor allem fetter oder deftiger Rohmilchkäse zerstört die feinen Details großer Weine. Entsprechend sollte sogar dringend davon abgeraten werden, einen guten, alten Rotwein zum Käsegenuss zu trinken. Viel passender zu den würzigen Milchprodukten ist ein säurelastiger Weißwein, ein junger, fruchtiger Rotwein oder auch ein günstiger, einfacher Schaumwein. Ein alter, großer Rotwein sollte jedenfalls nicht zusammen mit dem Käse auf den Tisch kommen.

Die Bewertung des Weines ist wichtig

Viele Menschen machen es bewusst oder viel öfter noch unterbewusst von einer Bewertung abhängig, ob ihnen ein Wein schmeckt oder nicht. Doch blind auf irgendwelche Weinkritiker zu vertrauen ist der größte Fehler, den man überhaupt machen kann. Denn bei allem Respekt für den Sachverstand der Kritiker ist und bleibt der Genuss eines Weines eine rein subjektive Angelegenheit. Lässt man die geringer oder nicht bewerteten Weine einfach links liegen, so kann es sein, dass einem ein wahres Genusserlebnis verborgen bleibt, während im gegenteiligen Fall, auch weniger überzeugende Weine den Weg auf den Einkaufszettel finden, nur weil sie eine gute Bewertung erhalten haben. Unter Umständen können Kritiken natürlich nützlich sein, doch sollte man den eigenen Wein stets auch nach dem eigenen Geschmack auswählen und sich nicht beeinflussen lassen. Es ist auch erlaubt, einen schlecht bewerteten Wein als lecker zu empfinden. Klingt selbstverständlich? Ist es aber nicht, wie die Erfahrung zeigt. Also haben Sie nur Mut und vertrauen Sie darauf, worauf es auch ankommt: auf Ihren eigenen Geschmack.

Sonne und Hitze machen einen guten Wein

Wenn die Sonne unentwegt vom Himmel auf die Reben brennt gibt es den besten Wein? Mitnichten. Denn ein besonders hitziges Klima mit überwiegend Sonne hatten wir im Jahre 2003 und was da an Weinen herauskam, war bei weitem nicht alles Gold, was glänzte. Für die Weinreben ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sonne und Regen im Sommer viel wichtiger als eine unentwegt brennende Hitze. Wichtig ist zudem, dass es im Herbst vor der Ernte möglichst trocken bleibt. Wenn das Verhältnis insgesamt also stimmt, darf man sich auf gute Weine freuen. Sonne und Hitze alleine sind aber nicht für die Güte der Trauben verantwortlich.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.