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Europäisches Parlament:

Nigel Farage – Echter Demokrat oder Agent Provocateur?

Nigel Farage überlebte einen Flugzeugabsturz. Im EU-Parlament gilt er als Rebell und seine Reden sind legendär. Wer ist dieser Mann?

Nigel Farage - bei einer Wahlveranstaltung der UKIP in London

Nigel Farage nimmt kein Blatt vor den Mund.

„Wahre Worte sind nicht schön und schöne Worte sind nicht wahr“, heißt es in einer Weisheit des chinesischen Philosophen Lao Tse und betrachtet man sich den Ausspruch in Bezug auf das Leben im Allgemeinen oder auch auf die Politik im Besonderen etwas genauer, so zeigt sich schnell, dass es sich dabei nicht um eine dahingepinselte Binsenwahrheit handelt, sondern um eine zwar einfache, aber auch essentielle Erkenntnis, die sich immer und immer wieder bewahrheiten soll. Aber was hat das nun mit dem britischen Politiker Nigel Farage zu tun? Ganz einfach, dieser bedient sich als einer der wenigen Mitglieder des europäischen Parlamentes nicht nur den schönen Worten, nur um ein wackeliges Spielkartenhaus in ebenso schönem Licht erscheinen zu lassen, sondern scheut nicht die wahren Worte, die nicht selten unschöne Reaktionen auslösten.

Wer ist dieser Nigel Farage eigentlich?

1964 im Londoner Stadtteil Farnborough geboren strebte Nigel Farage schon früh eine politische Karriere an und trat bereits in seiner Schulzeit der britischen „Conservative and Unionist Party“ bei, die auf Deutsch besser als „Konservative Partei“ bekannt sein dürfte. Als diese 1992 den Maastrichter Vertrag zur Europäischen Union unterzeichnete, verließ Farage die Partei wieder und gründete als starker EU-Kritiker bereits 1993 zusammen mit anderen Interessenspartnern die „United Kingdom Independence Party“ – kurz UKIP. Hauptziel der Partei war der Austritt Großbritanniens aus der EU.

Bei den Europawahlen 1999 konnte Nigel Farage einen von drei Sitzen seiner Partei im Europäischen Parlament ergattern und die UKIP gewann zunehmend an Stärke. Bei der Wiederwahl im Jahre 2004 fanden sich dann schon zehn Abgeordnete der UKIP in Straßburg ein, um die Zukunft des Vereinten Europas mit zu lenken. Farage wurde Vorsitzender der europakritischen Fraktion „Unabhängigkeit und Demokratie“ (Ind/Dem) und übernahm 2006 auch den Vorsitz in seiner Partei. Mit starker Hand wollte er dieser zu mehr Abgeordneten in nationalen und regionalen Wahlen verhelfen und strebte nach Verbündeten in anderen Parteien, die den Ausstieg aus der EU unterstützen sollten. Seine „Better of Out“-Kampagne – zu Deutsch „Besser draußen“ – stieß auf nur wenig Gegenliebe in den übrigen Parteien Großbritanniens und verpuffte mehr oder weniger. Nach der Wiederwahl in das Europäische Parlament im Jahre 2009 übernahm Farage gemeinsam mit dem italienischen Politiker Francesco Enrico Speroni den Vorsitz der „Europa für Freiheit und für Demokratie“ (EFD), der Nachfolgefraktion der Ind/Dem.

Nigel Farage - mit Sicherheitshelm im alten EU-Parlament

Nigel Farage ist immer gut für einen Scherz.

Als Fraktionsvorsitzender der EFD wurde der lautstarke EU-Kritiker Farage zunehmend unbequemer und brachte Dinge ans Licht, die von anderen EU-Politikern nicht so gerne in der Öffentlichkeit gesehen wurden. So legte er zum Beispiel die erlassene Vorstrafe des französischen EU-Kommisars für Verkehr Jaques Barrot auf den Tisch oder brachte den portugisiesischen Präsidenten des Europäischen Parlamentes  José Manuel Durão Barroso in Verlegenheit, als er dessen Segelurlaub mit einem griechischen Millionär publik machte. Wahrscheinlich sind das nur die Spitzen der Eisberge politischen Schindluders, doch ein Skandal entsteht eben immer nur dann, wenn er an die Öffentlichkeit gelangt. Und für einen weiteren sorgte Nigel Farage im Jahre 2010 dann selbst, in dem er die Rechtmäßigkeiten der Methoden öffentlich anzweifelte, mit denen Herman Van Rompuy in sein Amt als Präsident des Europäischen Rates gehoben wurde. Für die Behauptung zusammen mit einer persönlichen Beleidigung wurde Farage eine Strafe von 3000 Euro auferlegt und die britische Zeitung „Times“ bezeichnete ihn als „peinliche Figur, die nicht für Großbritannien spricht“. Rund zwei Monate nach diesem Eklat im Europäischen Parlament überlebte Farage den Absturz mit einem Kleinflugzeug.

Für seine Kandidatur im britischen Unterhaus gab Nigel Farage schon im Vorjahr seinen Vorsitz der UKIP auf, scheiterte bei den Wahlen zur englischen Regierung allerdings und kehrte durch eine Wiederwahl in sein Amt bei der UKIP zurück.

Nur heiße Luft oder ein politischer Prophet?

Dass das vereinte Europa wackelt, dürfte durch die jüngsten Krisen mittlerweile für Jedermann offensichtlich sein. Doch natürlich entstehen solche Krisen nicht über Nacht, sondern bauen sich auf und brodeln eine Weile vor sich hin, bis das Fass letztlich überläuft.  Dass es sich im Falle der EU aber nicht einmal um ein Fass handelt, sondern um einen maroden, kleinen Eimer, der nicht nur von Farage mit der ehemaligen Sowjetunion verglichen wird, wurde so lange ausgeblendet, so lange die Interessen der Führungseliten sich im grünen Bereich bewegten. So wurde Farage bei einer Rede im Jahre 2009 ausgelacht und ausgebuht, als er die drohende Schuldenkrise prophezeite und den Fall des Euro als Währung verkündete. „[…]feiern Sie nur schön den 10. Jahrestag des Euro, denn ich bezweifle sehr, dass Sie seinen 20. feiern werden […]“ waren die ersten Worte seiner Rede und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wird er auch Recht behalten. Denn an anderer Stelle seiner Rede betonte er „[…]Aber es ist die Situation in Griechenland, auf die wir meiner Meinung nach unsere Aufmerksamkeit richten müssen[…]“ Im europäischen Machtgefüge war das aber eben nur „seine“ Meinung und dem einen oder anderen Beisitzer der Rede wird in den letzten Wochen wohl das Lachen im Halse stecken geblieben sein.

Nigel Farage ist unbequem, ja, er provoziert gerne und konfrontiert seine Kollegen im Europäischen Parlament mit unschönen Worten, doch nicht ohne Hand und Fuß, sondern mit dem Zweck den Status Quo einer modernen Machtelite zu hinterfragen, deren Interessen immer mehr von denen der Bevölkerung abweichen. Dazu springt Farage des Öfteren für eine echte Demokratie in die Bresche und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Würden sich andere Politiker, besonders auch die deutschen, ein Beispiel an Farage nehmen und Rückgrat beweisen, könnte die Politik vielleicht auch wieder mehr nach Politik aussehen und weniger nach Kasperletheater.

Weiterführende Links zum Thema:

Nigel Farage MEP

United Kingdom Independence Party
http://www.ukip.org

Nigel Farage – Profil beim Europäischen Parlament
http://www.europarl.europa.eu/members/public/yourMep/view.do?name=Farage&partNumber=1&language=DE&id=4525

Berlin 2011 – Nigel Farage – Der Euro vor dem Zusammenbruch Teil 1
Video: http://www.youtube.com/watch?v=Z-8ata_-l20

Berlin 2011 – Nigel Farage – Der Euro vor dem Zusammenbruch Teil 2
Video: http://www.youtube.com/watch?v=vyoERsXFf8M&feature=related

Nigel Farages beste Reden vor dem Europaparlament
Video: http://www.youtube.com/watch?v=w-ebnGNk8kE

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