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Reisebericht:

Kamerun – Afrika jenseits von Safari

Kamerun vereint die vielen Gesichter Afrikas. In dem westafrikanischen Land wechseln sich tropischer Dschungel mit weitem Grasland und Savanne ab.

Kinder sitzen in einem Boot, ein Junge zeigt ein Fischernetz.

Die Menschen in Kamerun leben auch vom Fischfang. Bild: © fotolia.de

Bafut bis ins Waldland im Süden Kameruns

Am eigenen Leib erfahren wir die Trockenzeit in unserem Quartier: dem Gästehaus der Emmanuel-Sisters in Bafut. Bei den Ordensschwestern geht Ende März das Wasser langsam zur Neige. Temperamentvoll rauschende Klospülungen verebben zu dünnen Rinnsalen. Plätschernde Duschen gehen von der Tröpfchenbewässerung ins Wüstenstadium über. Pech, wer sich gerade dann eingeseift hat.

Ohne neuen Regen verschwindet unsere Hoffnung auf die abendliche Dusche wie eine Fata Morgana in der Wüste. Zum Glück gibt es noch Bachwasser. Zwei, drei Flaschen davon über den Körper gegossen und schon sind wir nach dem täglichen Staubbad wieder schön frisch.

Fit für einen Besuch in der Chefferie von Bafut. In dem rechteckigen Palastbezirk herrscht der Fon über die Bafut, einen Volksstamm mit ausgeprägten Traditionen. Aus Angst vor Giftanschlägen beschäftigt der Chef noch heute einen Vorkoster. Constanze, seine dritte Frau, wirkt in ihrem schicken Jeanskleid modern. Die Grundschullehrerin erklärt uns das Dorfleben und führt uns durch das neu eingerichtete Museum. Der hübsch solide Steinbau mit Ziegeldach sieht aus wie eine alte deutsche Schule. Kein Wunder. Von 1884 bis1916 war Kamerun deutsche Kolonie. Harte Zeiten waren das. Constanze berichtet vom ungleichen Kampf, als sie uns deutsche Gewehre und Bafuter Buschmesser vorführt. Allerdings schildert sie die Aufstände genauso sachlich wie das Verschwinden der Leoparden, Büffel und anderer heiliger Tiere aus der Gegend. „Ashia“ – das ist Schicksal.

Viel lebendiger erzählt die neunfache Mutter von ihren Ahnen und besonders von Erlebnissen mit ihrem verstorbenen Großvater. Witchcraft – ist hier so fest verwurzelt wie das Elefantengras im dürren Boden. Der Hang zum Ahnenkult paart sich mit dem Glauben an Gott oder Allah. Der Norden des Landes ist islamisch, der Süden christlich geprägt.

In Bamenda, der Hauptstadt der englischsprachigen Provinz Nordwest, besuchen wir einen Festgottesdienst. An diesem Sonntag werden die neuen Sekretäre für Frauen- und Männerarbeit ins Amt eingeführt. Kaum haben wir Weißen die Kirche betreten, weist uns eine Helferin Ehrenplätze zu.

Die vierstündige Prozedur strapaziert unsere verweichlichten westlichen Gesäße und Rücken. Dafür habe ich Zeit, mich mit meiner ganz in Gold gewandeten Nachbarin Elisabeth zu unterhalten. Die Verständigung ist mühsam. Statt Oxford-Englisch sprechen die Kameruner Pidgin, eine afrikanisierte und mit spanischen und portugiesischen Wörter verfeinerte Umgangssprache. Wir beenden unser Gespräch mit einem „It is good to know each other“ und folgen wieder der Feier. Die Fröhlichkeit und Inbrunst, mit der die Westafrikaner Jesus preisen, Gott loben und ihre neuen Amtsinhaber feiern, ist einfach mitreißend. Gegen das rhythmische Tanzen und die kraftvollen Gesänge wirkt unser heimischer Gottesdienst wie ein Hamburger gegen ein Vier-Gänge-Menü.

Genauso begeistert sind wir von der kamerunischen Küche. Auf dem Weg ins südlich gelegene Waldland träumen wir noch von den mit Gemüse und Fisch gefüllten Pfannkuchen, den gebratenen Kochbananen und den himmlisch frischen Früchten. Zu essen gibt es auf dem Land genug. Dagegen fehlen Geld für Medikamente, Schulbücher, Kleider und Co. Daher versuchen die vielen Farmer ihre Produkte auf dem Markt zu verkaufen.

Frauen und Kinder bieten pflückfrische Früchte an Mautposten und an Straßenschwellen am Ortseingang an. Ananas, Papayas, Bananen, Karotten und Avocados sind eine willkommene Erfrischung für Reisende. Nur bereits geschälte Früchte sind tabu. Cook it, peel it or forget it – wer sich an die Regel hält, kommt gesund durch. Zumal jede Kneipe noch Cola, Bier und Co. serviert. Schwieriger als die Getränkezufuhr ist die Abfuhr. Zwar schwitzen wir im feucht tropischen Klima, was das Zeug hält. Aber ab und zu muss es sein. Mangels öffentlicher Toiletten nutzen wir das Buschklo. Als mich eine Frau auf ihrem Acker ertappt, murmele ich nur das Zauberwort „Ashia“. Sie lächelt mir verständnisvoll zu.

Zum Glück wimmelt es im Waldland vor Büschen. Das dichte, üppige Grün wirkt auf den ersten Blick wie tropischer Regenwald. Der Schein trügt. Mal stehen die Bäume in Reih und Glied und tragen schwarze Plastiktöpfe um den Stamm. Diesen Gummibaumsoldaten wird der Kautschuk abgezapft. Mal haben die Bewohner dem Dschungel ein Stück Land für ihre Felder abgetrotzt. Vereinzelt ragen noch fast 50 Meter hohe echte Urwaldbäume empor. Ein Riese streckt seine dürren Äste klagend in den Himmel. Umsonst.

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