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Verrückte Entwicklung:

Ostriching und andere Trends aus Facebook und Co.

Den Kopf in den Sand steckenDie Nase sollte man grundsätzlich ja eher nicht in fremde Angelegenheiten stecken. Geht es nach den neuesten Trends, die in Facebook und anderen sozialen Netzwerken so die Runde machen, dann sollte man es jedoch mit dem Kopf tun. Ihn reinstecken – in fremde Dinge zum Beispiel. Verstehen Sie nicht? Das braucht Sie nicht zu wundern. Der Trend den Kopf in Mülleimer oder sonstige Behälter zu stecken und sich dabei zu fotografieren nennt sich Ostriching und sorgte zuletzt für einen mindergroßen Wirbel unter den Facebook-Nutzern. Den einen macht es scheinbar Freude, während die anderen mit einem anderen Trend antworten, nämlich fassungslos mit dem Kopf zu schütteln.

Wer wird denn gleich den Kopf in den Sand stecken

Ostrich ist der englische Begriff für Strauß und was tut dieser in der Regel? Richtig, er steckt den Kopf in den Sand. Und getreu diesem tierischen Verhalten, kam man auf die Idee, eben jenes auch als Mensch nachahmen zu müssen. Doch so ganz muss man das tierische vom menschlichen Verhalten dabei gar nicht trennen, so dürfte spätestens jetzt nicht mehr zu leugnen sein, dass wir wohl tatsächlich vom Affen abstammen. Wir sehen etwas merkwürdiges, ahmen es nach und taufen es Trend. Das Beispiel zieht große Kreise und viele Menschen folgen diesem Trend. Doch im Gegensatz zu den Affen, die ihr nachahmendes Verhalten wohl eher im Stillen mit sich selbst oder einigen wenigen Artgenossen ausmachen, ist der Mensch egozentrisch genug, seine Blödeleien auch noch mit einer Kamera festzuhalten und der Nachwelt über das Internet zu präsentieren. Noch einmal kurz zusammengefasst: Beim Ostriching steckt man seinen Kopf irgendwo hinein, fotografiert sich dabei und teilt das Bild mit der Welt. Also, rein nüchtern betrachtet klingt das eher peinlich, doch scheint es vielen Menschen tatsächlich Spaß zu machen.

Planking war gestern

Das Ostriching steht derzeit hoch im Kurs und scheint das Planking durchaus verdrängen zu können. Wie, Planking hören Sie auch zum ersten Mal? Auch das ist nicht wirklich schlimm, so handelt es sich dabei um einen ebenso fragwürdigen Trend, der vorwiegend über die sozialen Netzwerke und Kanäle verbreitet wurde. Beim Planking steckt man jedoch nicht einfach den Kopf irgendwo hinein, sondern legt sich zumeist an öffentlichen Plätzen steif hin und lässt sich dabei fotografieren, jawohl. Sinn? Wer ihn findet, darf ihn behalten. Jedoch ist dieses Planking ohnehin Schnee von gestern – nun ist Ostriching angesagt.

Glorifizierter Schwachsinn?

Ganz gleich ob es sich nun um Planking, Ostriching, Owling oder um etwas ganz anderes, neues und tolles handelt, muss man sich allen Ernstes fragen, worin die Motivation liegt, jeden Quatsch, der sich Trend nennt, nachzumachen. Für die Darsteller der Trends, die sich nicht nur freiwillig sondern geradezu exhibitionistisch zum Affen machen, scheint es jedenfalls lustig zu sein, wobei die Frage bleibt, ob die Betrachter wirklich mit dem „Ostriching-Künstler“ lachen oder über ihn. Denn etwas objektiv Komisches will sich auch bei genauem und intensivem Betrachten der Ostriching-Fotos nicht so wirklich einstellen, während lediglich der fade Beigeschmack des „Sich-lächerlich-machens“ bleibt und den einen oder anderen Betrachter in der Tat zum Schmunzeln animieren mag. Vielleicht sind die Kritiker aber auch einfach nur zu altmodisch und können den Internet-Trends deshalb nichts abgewinnen? Wie auch immer man zu den neuen Moden stehen mag, ändern wird das ohnehin nichts. Facebook, Youtube und Co. drängen sich so oder so immer mehr in den Alltag der nachfolgenden Generationen und selbst die bescheuertsten Aktionen können sich schleichend in beliebte Trends verwandeln. Doch wird spätestens hier klar, dass die klassischen Trendsetter, wie die Stars aus Film und Musik wohl bald vollends ausgedient haben. Denn das Internet ist schon lange nicht mehr nur eine Bedrohung für die urheberrechtgeschützten Werke der hochbezahlten Künstler, sondern in zunehmendem Maße auch für deren Image. Entscheidend ist nicht mehr, wie groß irgendjemand oder irgendetwas ist, sondern wie gut es vermarktet wird. Die Werbeindustrie betrachtet die neue Art der Trends jedenfalls mit einem breiten Grinsen, während es den möglichst objektiven Betrachter schaudert. Wollte man nämlich eine bittere Bilanz aus den Unterhaltungsmechanismen ziehen, so könnte man auch sagen, dass der Konsum auf einer neuen Ebene angelangt ist, auf der es nicht mehr nur um Produkte an sich geht, sondern der Mensch freiwillig zu diesen wird und sich fröhlich lachend auch noch selbst verkauft. Aber so weit wollen wir hier jetzt nicht gehen. Stecken wir einfach den Kopf in den Sand und lassen uns dabei fotografieren.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.