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Mord und Drogen:

Ciudad Juárez – Die gefährlichste Stadt der Welt

Bewaffnete Hausfrau in Juárez, MexikoIm Norden Mexikos, im Bundesstaat Chihuahua, liegt Ciudad Juárez, eine der am schnellsten wachsenden Städte des Landes. Mit rund zwei Millionen Einwohnern liegt sie an der US-amerikanischen Grenze gegenüber der berühmten US-Stadt El Paso und unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von anderen Städten ähnlicher Größe. Erst ein Blick in die Kriminalstatistiken macht den Unterschied mehr als deutlich und zeigt, dass es sich bei Ciudad Juárez um nicht mehr und nicht weniger als die gefährlichste Stadt der Welt handelt.

Mord und Totschlag an der Tagesordnung

Natürlich herrscht in großen Städten in der Regel auch ein höheres Maß an Kriminalität, doch dürften selbst die Statistiken aus New York oder Rio de Janeiro blass werden, sobald denen von Juárez gegenübergestellt werden. Denn die mexikanische Großstadt ist nicht nur besonders kriminell, sie ist die heimliche Hochburg der mexikanischen Drogenkriege. Im Jahr 2008 verbuchte die Stadt 1.600 gewaltsame Tode, ein Jahr später waren es 2.657 Opfer und ein weiteres Jahr später, im Jahre 2010 musste man 3.111 Morde verzeichnen, wobei die Dunkelziffer noch um einiges höher liegen dürfte. Umgerechnet auf das Jahr bedeutet das, dass die Stadt im Jahre 2010 rund 9 Todesopfer pro Tag forderte. Die traurige Bilanz ist weltweit einzigartig und alarmierend zugleich. Doch das organisierte Verbrechen scheint die Stadt fest in seinem Würgegriff zu halten. Im Jahre 2009 trat der Polizeichef der Stadt Roberto Orduña Cruz auf Druck der Drogenmafia gar zurück. Das waren keine rosigen Aussichten für die ehrlichen Bewohner der Stadt und die Kriminalität nahm ihren ungebremsten Lauf.

Frauenmorde machen Schlagzeilen

Mexikanischer Drogenkrieg - Gewalt gehört in Juárez zum Alltag (Millitär und Polizei sichern einen Tatort nach einem Mord an zwei Frauen)Als wäre der Drogenkrieg der Stadt nicht genug, gab es seit dem Jahre 1993 eine brutale Mordserie, die viele Frauen das Leben kostete. Bis zum Jahre 2005 wurden mehr als 370 Leichen von jungen Frauen gefunden, weitere 400 gelten als vermisst. Manche Quellen sprechen sogar von mehr als 600 vermissten Frauen zwischen 13 und 25 Jahren. Bei den Mädchen handelt es sich überwiegend um Fabrikarbeiterinnen, die im US-amerikanischen Grenzgebiet günstig für internationale Konzerne arbeiten. Bei 175 Opfern wurde die Anwendung sexueller Gewalt festgestellt, 75 Frauen konnten nicht identifiziert werden, weil ihre Körper zu sehr entstellt waren. José Luis Soberanes, mexikanischer Menschenrechtsbeauftragter, bezeichnete die ganze Stadt als eine „Schande des Landes“. Und auch die Kritik aus anderen Städten und vor allem aus anderen Ländern wurde lauter. Denn neben dem unkontrollierbaren Drogenkrieg konnte die Mordserie bis heute nicht aufgeklärt werden und der oder die Mörder laufen noch immer frei herum und fordern noch immer ihre Opfer. Man wirft den Ermittlungsbehörden unter anderem Korruption vor, sowie die Einschüchterung von Zeugen. Auch den Spuren des zu Rate gezogenen FBIs wurde nicht oder nur unzureichend nachgegangen. Ganz im Gegenteil bestreiten die mexikanischen Behörden einen Zusammenhang der Morde und leugnen die Möglichkeit eines Serientäters. Als Außenstehender könnte man beinahe den Eindruck erhalten, die Behörden der Stadt fühlten sich wohl in dem gesamten Sündenpfuhl.

Gewalt reißt nicht ab

In Ciudad Juárez verliert statistisch gesehen alle drei Stunden ein Mensch sein Leben. Die meisten Opfer fallen den Querelen verfeindeter Drogenbanden zum Opfer, ein oder mehrere Serientäter treiben noch immer ihr Unwesen und die restlichen Toten gehen auf das Konto von innerfamiliären Konflikten oder resultieren aus Überfällen. Laut Bericht der Generalstaatsanwaltschaft der Stadt gehen ganze 60% der Morde auf familiäre Streits zurück und nur 30% auf die Drogenkriege. Die restlichen 10% der gewaltsamen Todesfälle werden entsprechend den Überfällen und sonstigen Gründen zugesprochen. Betroffene beschweren sich häufig, dass sie von den Behörden nicht ernst genommen werden und oftmals falsche Informationen erhalten. Wirklich verwundern dürfte dies angesichts des flachsen Umgangs mit der Kriminalität aber wohl nicht. Was in Ciudad Juárez wirklich los ist, das wissen nur die ansässigen Bewohner und von außen lässt sich nur ein Bild des Schreckens erahnen. Was sich aber mit Sicherheit sagen lässt, ist, dass man die Stadt besser nicht als Urlaubsziel ins Auge fasst. Denn gegen dieses Stückchen Land, wirkt Deutschlands kriminellste Stadt Frankfurt beinahe wie Disneyland.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.