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Der goldene Käfig:

Gated Communities – freiwillig hinter hohen Mauern und Zäunen

Wer würde es sich nicht wünschen fernab jeglicher Kriminalität, umgeben von uneingeschränkter Sicherheit zu leben? Leider gibt es diese absolute Sicherheit nicht, doch ist man unter gewissen Umständen gar nicht mal so weit davon entfernt. Denn das Wohnen in sogenannten Gated Communities – zu Deutsch etwa „geschlossene Wohnanlagen“ – ist vielerorts bereits möglich, aber nicht ganz billig. Was in den USA, Brasilien oder Südafrika beispielsweise schon längst zum Alltag gehört, findet auch in Deutschland immer größere Beliebtheit. Die Menschen streben eben nach Sicherheit und lassen sich das auch einiges Kosten.

Streng bewachte Wohngegenden

Der Wunsch totaler Sicherheit steht natürlich jenem der Freiheit gegenüber und um in den Genuss von beidem zu kommen, lassen sich Kompromisse nicht immer vermeiden. So sind die internationalen Vorbilder der Gated Communities in der Regel umrandet von hohen Zäunen, die nicht selten von Stacheldraht zusätzlich gesichert und je nach Land und Risikofaktoren von bewaffneten Fuß-Patrouillen bewacht sind. Zugegeben, das Bild vor dem geistigen Auge lässt bei dieser Vorstellung wohl eher an ein Gefängnis erinnern, denn an eine Wohngegend für wohlhabende Bürger, doch gehen immer mehr Menschen diesen Kompromiss ein, um sich vor ausufernder Kriminalität zu schützen. Und mit dem Zaun und der Bewachung des gleichen ist es natürlich noch nicht getan, nein, vielmehr sind solche geschlossenen Wohnanlagen gespickt mit Alarmanlagen, gepflastert mit Überwachungskameras, übersäht mit Sicherheitsvorkehrungen und selbst Autofahrer dürfen nicht unberechtigt die Eingangs-Tore zur Wohnsiedlung passieren. Doch es zählt nicht nur, was sich in den Wohnsiedlungen abspielt, sondern auch das, was Drumherum geschieht ist von größtem Interesse für die angestellten Sicherheitsleute. Denn nähern sich Unbefugte dem Gelände, ist schnelles Handeln gefragt, um die Bewohner der Gemeinschaft zu schützen. Ein Service, der nicht billig ist. Doch für viele lohnt sich ein hoher Preis, da man sich damit die höchstmögliche Sicherheit für sich selbst und das eigene Hab und Gut erkaufen kann.

Der Vorreiter in Deutschland

Die erste Gated Community in Deutschland entstand in den neuen Bundesländern, im brandenburgischen Potsdam. Um die dortige Arkadien-Siedlung am Glienicker Horn schlängelt sich ein von außen betrachtet befremdlicher Zaun – doch von Innen gibt er Sicherheit. Und auch die Deutschen geizen nicht, wenn es um die Geborgenheit geht. Denn schon im Jahre 2009 kostete das Ticket in eine „bessere Welt“ rund 5.500 Euro pro Quadratmeter für eines der 47 schnell ausverkauften Appartements. Der Preis für Grund und Villen nach oben bleibt natürlich offen. Doch wohlhabende Bürger zahlen den hohen Preis für die Sicherheit gern und das System der bewachten Wohnsiedlungen macht immer mehr Schule, sodass eine neue Gegend nach der anderen entstand und entsteht, in Berlin, in Leipzig und in Zukunft allerorts, wo Sicherheit gefragt  ist, also überall. Doch des einen Freud ist des anderen Leid und so gibt es auch Kritiker der Gated Communities, die in der Abschottung der Reichen eine Bedrohung zur Verschärfung der sozialen Fronten sehen.

Die Reichen unter sich?

Die Zäune und Abwehrmechanismen der Gated Communities haben auch symbolischen Charakter. So verbildlichen sie das stetige auseinandergehen sozialer Kluften und machen die geschärfte soziale Schere unmissverständlich sichtbar. Gerade Soziologen betrachten die Entwicklung als bedenklich und warnen vor der Illusion von Bedrohungen, die es in dieser Form gar nicht gibt. So seien die Wohnungseinbrüche in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und finden ihr statistisches Übergewicht ohnehin eher im Mittelstand als bei den Super-Reichen, die sich das teure, sichere Wohnen auch problemlos leisten können. Die Menschen, die sich keine Wohnung in einer bewachten Siedlung leisten können, haben Pech gehabt. Doch sowohl Bauunternehmer als auch Sicherheitsfirmen halten die Kritik für unberechtigt. Denn laut deren Meinung war es schon seit jeher gang und gäbe, dass sich die Wohlhabenderen eben auch an den „besseren“ Orten niederlassen. Ganz gleich, wie man als Unbeteiligter den Gated Communities gegenübersteht, werden sie wohl auch in Zukunft noch weiter boomen und die reichsten der Reichen werden sich noch weiter von der übrigen Bevölkerung abgrenzen.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.

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