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Teuerstes Blechstück der Welt:

In China gibt es wegen Nummernschild keine Sozialhilfe

Porsche in Shanghai. Nummernschilder kosten in China bis zu 8.400 Euro.Wer Sozialhilfe in Anspruch nimmt, muss sein Vermögen offen legen. Das ist bei uns so und auch in China ist das nicht anders. Dass man im fernen Osten jedoch keine Leistungen erhält, wenn man ein Nummernschild besitzt, das dürfte neu für die meisten sein. Doch der Grund dafür ist einfach: In China ist so ein Stückchen Blech eben eine Menge wert.

Chinesische Regelung mit deutschem Vorbild

Erst vor kurzem entschied das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass Empfänger von Sozialleistungen auch Vermögen in Form von Münz- oder Briefmarkensammlungen offen legen müssen. Kurz darauf entschied man sich in Shanghai für eine ähnliche Regelung. Entsprechend müssen auch in China Sammlungen, Aktien oder Spareinlagen offen gelegt werden. Dass ein einfaches Nummernschild jedoch zur tragenden Rolle bei der Regulierung aufsteigen konnte, kann man sich im Rest der Welt nur schwer vorstellen. Doch tatsächlich ist es so, dass den Einwohnern von Shanghai ein Nummernschild umgerechnet 8.000 Euro wert ist. Zum Vergleich beträgt der Höchstsatz der Sozialhilfe gerade einmal 60 Euro pro Monat – maximal.

Nummernschilder sind heiß begehrt

Ein gültiges Nummernschild ist in Shanghai nicht nur sprichwörtlich Gold wert. Denn jeder möchte Auto fahren in Chinas Metropole, aber der Platz reicht nicht für alle. Entsprechend werden Unsummen für ein Stück Blech bezahlt, das zum Fahren berechtigt. Und die Chinesen befinden sich in einem regelrechten Autorausch. Von der beschaulichen Tradition, wie man sie aus manchem fernöstlichen Film erwarten mag ist in Shanghai jedenfalls nichts zu finden. Alleine 1,7 Millionen Privatwagen sind dort unterwegs und verstopfen jeden Tag die Straßen. Und weil sich das städtische Verkehrssystem am Rande eines Kollapses befindet, muss jeder, der ein Auto fahren will eine Autonummer ersteigern. Von diesen Nummern gibt die Verwaltung aber nur rund 4000 bis 7000 pro Jahr frei. Wer dabei keine abbekommt, hat die Chance, das Nummernschild von jemand anderem zu kaufen.

Wer in Geldnot gerät, soll seine Fahrberechtigung verkaufen

Betrachtet man die Umstände in China, so ist es also schon Luxus, mit dem Wagen unterwegs zu sein. Aus genau diesem Grund fordern die Zivilämter der Stadt hilfsbedürftige Menschen auch auf, zunächst ihr Nummernschild zu verkaufen, bevor Leistungen bezogen werden können. Voraussetzung ist natürlich der Besitz eines Schildes, doch so mancher Bürger hat noch eines zur Verfügung, zum Beispiel wenn das zugehörige Auto einen Totalschaden hatte und der Besitzer sich keinen neuen Wagen leisten kann. Von dem Erlös lässt es sich dann einige Zeit gut leben, denn der Wert kommt bereits einem Kleinwagen gleich. Die Chinesen selbst sprechen schon spöttisch von dem „teuersten Blechstück der Welt“. Das Konzept scheint jedoch aufzugehen, denn laut einer Meldung der „Shanghai Daily“ sind die Preise der Nummernschilder weiter gestiegen, mittlerweile auf umgerechnet rund 8.400 Euro.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.