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Bolivien:

Kokablätter und kein Coca-Cola-Verbot

Coca-Cola wird weiterhin in Bolivien erhältlich sein. Aber Staatspräsident Evo Morales setzt in Zukunft auf kokahaltiges aus der nationalen Produktion.

Boliviens Regierung wolle Coca-Cola zum 21. Dezember 2012 aus dem Land werfen, so hieß es in den vergangenen Wochen in etlichen Zeitungen und Magazinen. Eine Falschmeldung und Fehlinterpretation, gab nun in den ersten Augusttagen die bolivianische Regierungssprecherin Amanda Dávila bekannt. Coca-Cola also wird bleiben; nichtsdestotrotz arbeitet Staatspräsident Evo Morales daran, ein eigenes kokahaltiges Getränk auf den Markt zu bringen. Selbst Kokabauer, kämpft Morales seit Jahren für eine Legalisierung des Anbaus und will den Weg ebnen für Gesundheits- und Schönheitsprodukte, die Koka enthalten.

Es waren diese Worte, mit denen der bolivianische Außenminister David Choquehuanca die Falschmeldungswelle über das nahende Ende von Coca-Cola in Bolivien auslöste: „Ich kann bestätigen, dass am 21. Dezember nicht das Ende der Welt kommen wird, wie in einem Film angekündigt. Aber es wird das Ende von Coca-Cola sein und das Ende des Kapitalismus.“ Laut Maya-Kalender erwartet uns am 21. Dezember, dem Tag der Sonnenwende, das Ende der Welt. Nicht jedoch das Ende von Coca-Cola. Die Formulierung sei eine Metapher gewesen, so Dávila, eine absichtliche Missachtung der indigenen Denkweise seitens der Presse.

Kokahaltiges Mocochinchi – das alternative Koka-Getränk

Auch wenn Coca-Cola bleiben darf, es ist bekannt, dass Evo Morales kein Anhänger kapitalistischer Großkonzerne ist. Er hatte einst erklärt, die Imperialistenbrause sei ideal gegen verstopfte Abflussrohre. Seit Jahren kämpft der Staatspräsident um eine jahrhundertealte Tradition der Anden-Bevölkerung – das Kauen von Kokablättern sowie deren Verwendung als Heilmittel und zur Versorgung mit wichtigen Nährstoffen. Es soll in Bolivien einen neuen Triumphzug des Kokas geben. Mocochinchi – der ursprüngliche Vorschlag von Evo Morales lautete „Coca Colla“ – soll ein Zeichen setzen im Kampf um eine Legalisierung des Koka-Anbaus.

Koka als Heilpflanze mit langer Tradition und Geschichte

Das Kauen von Kokablättern erfreut sich bei der Bevölkerung in den Anden-Staaten großer Beliebtheit. Einerseits enthalten die Blätter wertvolle Inhaltsstoffe – die Vitamine A und C, wichtige Spurenelemente und Nährstoffe wie Calcium, Eisen und Phosphor. Koka ist bekannt für seine Wirkung gegen Kopfschmerzen, Magenprobleme und Höhenkrankheit mit Schwindel. Manch ein Tourist, der in La Paz in luftiger, zugleich sauerstoffarmer Höhe ankommt, ist dankbar für einen Tee aus Kokablättern. Zum anderen werden sie bei Festen konsumiert, oder bei Geschäftsabschlüssen, ganz wie hierzulande ein „gutes Glas Wein“. Traditionell werden die Blätter gekaut. Doch es gibt ein Problem: Koka ist der Grundstoff für die Herstellung von Kokain.

Dafür sind die in den Kokablättern enthaltenen Alkaloide interessant – die allerdings nur einen Anteil von unter einem Prozent ausmachen. Nicht die Blätter der Kokapflanze sind schädlich, sondern die Droge, die unter Beigabe von chemischen Stoffen daraus hergestellt werden kann. Doch das will auch Evo Morales nicht. Er will die Tradition erhalten und die Herstellung verschiedenster Produkte ermöglichen, die Koka enthalten. Gleichzeitig will er den internationalen Drogenhandel bekämpfen. Rückendeckung bekam er 2011 von den Grünen, die in der Drucksache 17/6120 im Bundestag einen Antrag stellten, das Verbot von Kokablättern aufzuheben.

Das Kauen von Kokablättern ist weiterhin illegal

Hintergrund des Antrags der Grünen ist, dass Kokablätter seit 1961 auf der Liste der verbotenen Betäubungsmittel der Vereinten Nationen stehen. Für einen Übergangszeitraum von 25 Jahren durfte Bolivien als Mitglied der UN-Konvention trotzdem der Bevölkerung das Kauen von Kokablättern erlauben – und hat dies auch getan. Da diese Frist inzwischen abgelaufen ist, hat Bolivien 2009 einen Antrag gestellt, das Abkommen zu ändern. Erfolglos. Auch der Antrag der Grünen von 2011, der sich auf die ILO-Konvention 169 der UNO bezieht, die zur Wahrung der Rechte und Traditionen indigener Völker verpflichtet, ist abgelehnt worden – die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP hatten dagegen gestimmt.

Boliviens Staatspräsident Morales hat indessen 2011 den Austritt des Landes aus der UN-Drogenkonvention bewirkt – um unter geänderten Vorzeichen erneut einzutreten. Er will gemeinsam mit den Vereinten Nationen gegen den illegalen Drogenhandel vorgehen, zugleich der indigenen Bevölkerung seines Landes das Kauen von Kokablättern legal ermöglichen.

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Über Lucy M. Laube

Lucy M. Laube ist eine freie Journalistin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Zu ihren bisherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem Radio Bremen, Greenpeace und das Goethe-Institut. Seit Anfang 2012 schreibt sie als Redakteurin für das Artikelmagazin.

Ein Kommentar

  1. Dietmar Siefert

    Bis auf Mocochinchi ganz brauchbare Informationen. Ein Pfirsichgetränk ist aber kaum zur Vermarktung von Koka geeignet, es sei denn die Autorin legt selbst die Koka-Blätter in den Saft.