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Vervielfältigungsglauben:

Kopimismus – Kopieren als Glaubenslehre

Isak Gerson aus Schweden und seine Religion des KopierensEine neue Glaubensgemeinschaft, die durch Vervielfältigen den Wert von Wissen steigern möchte, fand jetzt in Schweden gerichtliche Anerkennung.

Glaubensformen gibt es viele. Christlichen Glauben. Jüdischen Glauben. Orthodoxen Glauben. Islamischen Glauben. Buddhistischen Glauben. Einige glauben an Geldinstitute – wie etwa Sänger Marius Müller-Westernhagen, der einst skandierte. „Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die zahlt aus in bar.“ Wiederum andere haben völlig den Glauben in die Finanzwirtschaft verloren. Und einige fallen gar komplett vom Glauben ab, wenn sie beispielsweise hören, was sich der eine oder andere geleistet hat, um zu Doktorwürden zu kommen.

Dabei hat das Guttenbergen, wie die weitverbreitete Form des unrechtmäßigen Entlehnens geistigen Eigentums liebevoll genannt wird, sogar das Zeug für eine Glaubensgemeinschaft mit einer ständig wachsenden Zahl an Jüngern. Dies zeigt auch die Tatsache, dass in Schweden nun mit dem Kopimismus eine neue Glaubensform offiziell als Religion anerkannt wurde. Jahrelang hatte Philosophie-Student Isak Gerson dafür gekämpft und vor Gericht mit den Behörden des Landes gestritten.

Im dritten Anlauf bekam Gersons Vorstoß nun den Segen der Rechtssprechung. Eines der Wesensmerkmale des Kopimismus ist der feste Glaube daran, dass sich der Wert einer Information durch das Kopieren vervielfältigt. Geistiges Eigentum wird somit massenkompatibel. Als Leitfigur und geistiges Oberhaupt der neuen, aufstrebenden Glaubensgemeinschaft böte sich ein gewisser Freiherr aus dem Fränkischen an, der vor nicht allzu langer Zeit als Wirtschafts- und Verteidigungsminister unsere Landes fungierte und dem es im Rahmen seiner Doktorarbeit gelang, seinen Familiennamen zum Synonym für das Vervielfältigen von geistigem Eigentum anderer Leute werden zu lassen.

Und so erstaunt es wenig, dass zu denheiligen Sakramanten der Kopimisten die Tastenkombinationen „Ctrl+C“ und „Ctrl+V“ für „Kopieren“ und „Einfügen“ zählen. Als Sünde gelten derweil das Überwachen und Belauschen anderer Menschen. Mitglied kann jeder werden, der einen Internet Anschluss besitzt. Was Sinn macht. Zumal der gerne als „Fleisch gewordene Kopiertaste“ bezeichnete Karl Theodor zu Guttenberg, der Guru der Kopimisten, ja seit Dezember 2011 Berater der EU-Kommission in Fragen der Internetfreiheit fungiert, und somit online für die Idee des Kopimismus einsteht.

Quelle: http://kopimistsamfundet.se/english/

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Über Karsten-Thilo Raab

Nach seinem Anglistik- und Sportstudium arbeitete Karsten-Thilo Raab viele Jahre als Zeitungsredakteur. Seit mehr als zwei Jahrzehnten schreibt er als Journalist und Autor für eine Vielzahl an Zeitungen, Magazinen und Buchverlagen. Karsten-Thilo Raab berichtet als Journalist, Autor und Fotograf in Wort und Bild über Destinationen weltweit, verfasst daneben Glossen und Kolumnen, veröffentlichte rund 60 Reiseführer und Bücher und wirkte an weiteren rund 70 Büchern und Reiseführern mit.