Startseite / Panorama / Vodafone am Tor der Sonne

Metrostation:

Vodafone am Tor der Sonne

Die Metrostation Puerta del Sol in Madrid, hat ihre Namesrechte für drei Millionen Euro an Vodafone verkauft. Ein Beispiel, das Schule machen könnte.

Metrostation Vodafone Sol in Madrid.

Namensrechte: Die Metrostation Puerta del Sol nennt sich jetzt „Vodafone Sol„. Bild: © picture alliance / dpa

Das niedersächsische Wolfsburg hatte es kurz vorgemacht. Als Marketinggag zur Einführung eines neuen Volkswagenmodells nannte sich die Stadt am Mittellandkanal im Jahre 2003 für knapp drei Monate in „Golfsburg“ um. Der Blick auf die Ortseingangsschilder mag damals dem einen oder anderen irgendwie Spanisch vorgekommen sein.

Die Metrostation „Vodafone Sol“

Die Spanier wiederum avancieren nun zu einer Art Trittbrettfahrer. Getreu dem Motto „Spontanität muss wohl überlegt sein“ haben die finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten Südeuropäer nur zehn Jahre nach den Niedersachsen eine lukrative Einnahmemöglichkeit für die öffentliche Hand erschlossen. Was bei Sport- und Veranstaltungsstätten schon seit langem Normalzustand ist, erreicht nun in Madrid auch den Öffentlichen Personennahverkehr. Denn ein international operierender Telefonanbieter erwarb für drei Millionen Euro für zwei Jahre die Namensrechte für die wohl bekannteste Metrostation im Herzen von Madrid: Die Station am Puerta del Sol, dem „Tor der Sonne“, heißt nun „Vodafone Sol“.

Ein Schachzug, mit dem der Telefonriese nicht nur seinen Namen ins Gespräch bringt, sondern auch Einzug in die Geschichtsschreibung hält. Schließlich war der zentrale Platz Puerta del Sol jener Ort, an dem die Spanier 1931 die Republik ausriefen. Und hier steigt jedes Jahr am 31. Dezember die wohl größte öffentliche Silvesterparty des Landes. Natürlich finden nicht alle Gefallen an dieser Form der Kommerzialisierung. Einige tun das Aussteigen bei Vodafone sogar als symbolische Geste ab.

Gleichwohl dürfte das Beispiel viele Kommunen auf den Plan rufen. Statt Steuern zu erhöhen, um die Einnahmenseite zu verbessern, könnten vielerorts lustig Namensrechte verscherbelt werden. Die Glücksspirale oder „Ein Platz an der Sonne“ wären nette Namenspatrone für die Gebäude der Agentur für Arbeit oder das Sozialamt.

Die Zulassungsstelle könnte den Namen von Audi, BMW oder Mercedes tragen, das Standesamt den von Fleurop oder eines Schmuckanbieters. Die Stadtkasse und die Steuerbehörden könnten nach einem Kreditkartenanbieter benannt werden und die Baubehörden nach einer Bausparkasse. Und sogar für Knöllchen ließen sich Sponsoren finden. Ideal wären hier die Anbieter von Beruhigungspillen.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Karsten-Thilo Raab

Nach seinem Anglistik- und Sportstudium arbeitete Karsten-Thilo Raab viele Jahre als Zeitungsredakteur. Seit mehr als zwei Jahrzehnten schreibt er als Journalist und Autor für eine Vielzahl an Zeitungen, Magazinen und Buchverlagen. Karsten-Thilo Raab berichtet als Journalist, Autor und Fotograf in Wort und Bild über Destinationen weltweit, verfasst daneben Glossen und Kolumnen, veröffentlichte rund 60 Reiseführer und Bücher und wirkte an weiteren rund 70 Büchern und Reiseführern mit.