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Wolken – Kunst und Meditation am Himmel

Blauer Himmel und Sonnenschein ist das Paradies auf Erden? Die britische Vereinigung der Wolkenfreunde sieht das anders.

Ein Mann steckt seinen Kopf in eine Wolke.

Cloudspotter: Den Kopf ab und zu in die Wolken stecken, tut der Seele gut und macht den Kopf frei. Bild: © fotolia.de

Hierzulande gelten die Bewohner Großbritanniens manchmal als exzentrisch. Freizeitbeschäftigungen wie Regenwurmbetören, Moorschnorcheln oder Murmelspielen auf Weltmeisterniveau kommen einem Deutschen eben nicht unbedingt in den Sinn, wenn es um Erwachsene geht – einem Briten schon. Tausende Inselbewohner mit einem ebenso skurrilen Hobby treffen sich seit 2004 in der Vereinigung der Wolkenfreunde – The Cloud Appreciation Society. Gründer und Kopf der Wolkenfreunde ist der Brite Gavin Pretor-Pinney. Und offenbar ist dieser Zeitvertreib weniger exzentrisch als manch anderer, denn längst sind die britischen Cloudspotter nicht mehr unter sich. US-Amerikaner und Australier sind mit tausenden Mitgliedern dabei, Deutsche sitzen auch mit im Wolkenschiff, allerdings nur paar Hundert. Andere Länder bringen es immerhin noch auf jeweils einen Wolkenliebhaber, die alphabetische Liste dieser fängt mit Armenien an und hört mit Vietnam auf.

Wolkenfreunde widmen sich der Naturkunst

Mit einfachem in-den-Himmel-schauen hat die Gesellschaft der Wolkenfreunde wenig zu tun. Die Cloudspotter wissen durchaus so einiges über das Wasser in der Erdatmosphäre, das sich in Wolken zeigt: die Namen der verschiedenen Wolkenformationen, wann diese wo gehäuft auftreten und was das bedeutet. Sie kennen den Unterschied zwischen hohen und tiefen Wolken und können erklären, warum es weiße Wolken gibt, aber auch graue, rote und orangefarbene. Aber was unterscheidet sie dann von professionellen Wetterkundlern? Es ist der Zugang zu den Himmelsgebilden.

Wolken sind Kunst und Erholung, kein Ärgernis

Die Wolkenfreunde finden, dass Wolken vollkommen zu Unrecht verleumdet werden, die Welt wäre ohne sie viel ärmer. Und auch ungerechter, denn erfreulicherweise hat jeder überall kostenlosen Zugang zur Wolkenkunst am Himmel. Die Vereinsmitglieder verpflichten sich, gegen das Diktat des blauen Himmels als einzig seeligmachendes Wetter vorzugehen. Sie akzeptieren nicht, dass Wolken in der Tourismusindustrie als Hindernis für Glück und Urlaubsfreude gelten. Aber auch philosophische Gedanken sind den Vereinsmitgliedern nicht fremd – Wolken sind Ausdruck der Atmosphärenstimmung, an ihrer Form kann man diese ablesen – so wie bei Menschen die Emotionen im Gesicht. Im Manifest der Vereinigung findet sich auch der durchaus naheliegende Gedanke, dass das Betrachten von Wolken als kontemplative Tätigkeit der menschlichen Seele gut tut und mit Sicherheit die Kosten für Psychotherapie reduziert. Den Kopf gelegentlich mal in die Wolken zu stecken ist aus Sicht der Cloudspotter für ein erfülltes Leben unbedingt notwendig.

Wenn Wolken aussehen wie…

Auf der Homepage der Wolkenfreunde gibt es Unmengen von Wolken zu sehen – die Mitglieder schicken von überall auf der Welt Fotos von ihren Entdeckungen. Auf diesem Wege können sich alle an der Schönheit der natürlichen Kunst erfreuen.

Für die meisten Menschen sind Wolken ja nur Wolken. Für die Wolkenfreunde aber sind sie viel mehr. Sie interessieren sich dafür, was ihnen die Wolken sagen wollen, welche Gefühle sie in ihnen auslösen. Diese meditative Versenkung ist für die Cloudspotter der eigentliche Antrieb ihrer Himmelsschau. Das aufmerksame Beobachten der Wolkenformationen und ihrer Veränderungen ermöglicht Interpretationen – das weckt die Kreativität des Betrachters und beruhigt Geist und Körper – nach Ansicht von Gavin Pretor-Pinney heutzutage für viele Menschen eher hilfreich. Dabei ist es im Grunde schwer aufregend, was die Wolkenfreunde am Himmel alles zu sehen bekommen: Wasserfälle, auf einem Besenstiel reitenden Hexen, UFOs, bellende Hunde, Gesichter, tanzende Katzen, springende Pferde, sonnenbebrillte Sonnen, Schmetterlinge, Weihnachtsmannstiefel usw. Schauen Sie doch auch mal häufiger in den Himmel, Sie werden dort ganz neue Welten entdecken!

Buchtipp: Pretor-Pinney, Gavin: Wolken, die aussehen wie Dinge. Verlag: Riva, 114 Seiten. ISBN-13: 978-3868833096. Preis 14,99 Euro.

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Über Manuela Käselau

Manuela Käselau ist Physiotherapeutin und Shiatsu-Praktikerin (GSD). Parallel studierte sie Phonetik, Niederdeutsche Linguistik und Systematische Musikwissenschaft an der Universität in Hamburg. Als freie Autorin schreibt sie für diverse Online- und Printmedien, hauptsächlich im medizinischen Bereich. Seit 2012 ist sie ein Mitglied der Redaktion.