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Chronik der Peinlichkeiten:

Berlusconi nimmt sich die Deutschen vor

Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi fällt immer wieder mit unqualifizierten und peinlichen Sprüchen auf. Jetzt ist Deutschland dran.

Minsterpräsident Berlusconi hält eine WahlkampfredeEr ist wieder da. Und er will im März 2013 erneut Regierungschef in Italien werden. Das bereitet Silvio Berlusconi in der ihm eigenen populistischen Manier vor. Am Vorabend seines 76. Geburtstags am 29. September 2012 nahm er sich einmal wieder  die Deutschen vor. Das kommt immer noch gut an auf der Apennin-Halbinsel. Also schmetterte der Populär-Ökonom bei einer Buch-Präsentation ins Volk, Deutschland halte die Euro-Zone im Gesundungsprozess nur auf und sei „ein Hegemoniestaat, kein solidarisches Land“. Daraus zog er unter dem Beifall seiner Anhänger den Schluss, es wäre nicht nur „keine Katastrophe, wenn Berlin den Euro aufgäbe und zur D-Mark zurückkehre, es wäre sogar wünschenswert“. Die Antwort von der Spree kommt prompt in einem Wort: „Absurd“. Aber das stört ihn nicht. Er hat die wohlwollende Aufmerksamkeit eines guten Teils seiner Landsleute.

Nachts regelmäßig drei Stunden Liebe

Die schrägen Sprüche des mehrfachen italienischen Ministerpräsidenten lassen immer wieder die hohe Diplomatie erschauern, sie reizen den Gegenpart bis zur Weißglut – und sie sind selten intelligent. Wer nämlich, wie der jetzt 76 Jahre alte Ministerpräsident selbst von sich sagt, „täglich 14 Stunden arbeitet und sich dann regelmäßig nachts noch drei Stunden der Liebe hingibt“, hat wohl nicht mehr viel Zeit und Kraft für Esprit. Aber er ist überzeugt, ziemlich viel männlichen Charme zu besitzen. Den habe er beispielsweise – das war schon im Jahr 2005 – spielen lassen, um die finnische Präsidentin Tarja Halonen davon zu überzeugen, dass die Lebensmittelsicherheitsbehörde der EU ihren Sitz in Italien nahm. Berlusconi anschließend wörtlich: „Ich musste alle meine Playboy-Taktiken anwenden, auch wenn ich sie eine zeitlang nicht benutzt habe“. Andererseits lästert der Regierungschef mit den Playboy-Taktiken damals über den spanischen Ministerpräsidenten und dessen „rosa Kabinett“. Der Spanier habe zu viele Frauen in seiner Regierung, „aber er muss ja wissen, was er tut“.

Deutschen Abgeordneten als KZ-Aufseher vorgeschlagen

Mit den Spaniern hatte er es schon früher: Im Frühjahr 2002 hob er bei einer Gruppenaufnahme während des EU-Gipfels hinter dem Kopf des spanischen Außenministers Josep Pique zwei Finger und machte so die in südeuropäischen Ländern gebräuchliche Geste für einen betrogenen Ehemann. In Deutschland dürfte noch die Attacke auf den sozialdemokratischen EU-Abgeordneten und heutigen Fraktionsvorsitzenden Martin Schulz lebhaft in Erinnerung sein, als er ihm vom Rednerpult aus mit bösen Worten in die Parade fuhr: „Herr Schulz, ich weiß, dass zur Zeit in Italien ein Film über Konzentrationslager der Nazis produziert wird. Ich würde Sie gern für die Rolle eines Aufsehers vorschlagen. Sie wären perfekt“.

„Nur Napoleon hat mehr geleistet als ich“

Solche schrägen Sprüche werden häufig mit Gelassenheit zur Kenntnis genommen und rasch abgehakt. In den Vereinigten Staaten indessen war und ist Berlusconis Urteil über den  Präsidenten nicht vergessen. „Obama“, hatte er festgestellt, „ist ein gut aussehender Mann, gut gebräunt“ (Bene abbronzato). Aber offenbar glaubt er, sich solches auf außenpolitischem Parkett leisten zu können, denn: „Nur Napoleon hat mehr geleistet als ich. Aber ich bin definitiv größer“. – Was noch nachzumessen wäre.

Versteckte Aufforderung zur Schwarzarbeit

Der Milliardär, Großunternehmer, Medienzar und Präsident des Fußballclubs AC Milan macht seine Späße allerdings auch weidlich auf Kosten seiner Landsleute. Als sich bei einer bildungspolitischen Konferenz eine Studentin beklagte, nach dem Examen bleibe für sie wie für viele andere nur der Weg in Arbeitslosigkeit und Not, antwortete der damalige Ministerpräsident süffisant mit den Worten: „Wieso denn? Heiraten Sie doch einen Millionär. Ich habe noch einen Sohn frei“. Und entlassenen Fiat-Arbeitern gab er schon vor Jahren versteckt einen ganz besonderen Rat: „Die Klügsten können sicherlich einen neuen Job finden, vielleicht inoffiziell…“

Jedem hübschen Mädchen einen Soldaten an die Seite

Aber manchmal geht es seinen Landsleuten doch über die Hutschnur. Als in Rom eine junge Frau von fünf Männern, wahrscheinlich rumänischer Herkunft, überfallen und brutal vergewaltigt wurde, wusste er nichts Besseres zu sagen und zu versprechen: „Ich werde jedem hübschen Mädchen im Lande einen Soldaten zur Seite stellen“. Das war vielen zu viel. Es gab lauten Protest.

Foto: © picture alliance / dpa

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Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.