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Gefangen zu Hause:

Elektronische Fußfesseln – Die günstige Alternative zum Knast

Überwachung durch Elektronik - Fußfessel am FußNach einigen erfolgreichen Testprojekten und zunehmend besserer Struktur und Organisation, kommen die elektronischen Fußfesseln als Alternative zu einer Haftstrafe im Gefängnis immer häufiger ins Gespräch der Verantwortlichen. Denn die Vollzugsanstalten Deutschlands sind relativ hoch ausgelastet und auch deutlich teurer als den Gefangenen einfach in seinen eigenen vier Wänden sprichwörtlich festzunageln. Die Vorteile der elektronischen Fußfesseln finden immer mehr Befürworter und so könnte was vor Jahren noch nach einer Szene in einem Science Fiction Film anmutete bald flächendeckende Realität in Deutschland werden.

Wie die Fesseln eingesetzt werden können

So ganz einig ist sich die deutsche Politik noch nicht über die Fußfesseln. Doch seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes, welches die in Deutschland praktizierte Sicherungsverwahrung rügte, wurden die einst vernachlässigten elektronischen Fußfesseln wieder schlagartig interessant. Denn gemäß des Urteils der Straßburger Richter haben deutsche Behörden nach der Reform der Sicherungsverwahrung im Jahre 1998 in einigen Fällen rechtswidrige Verlängerungen der Verwahrung verhängt, sodass gefährliche Verbrecher nun vorzeitig entlassen werden müssen. Um dennoch die Gesellschaft adäquat schützen zu können, scheinen die elektronischen Fußfesseln geradezu vorbestimmt zu sein. Mit Hilfe dieser sollen die entlassenen Schwerverbrecher nämlich rund um die Uhr überwacht werden. Doch auch in minderschweren Fällen offenbaren sich durch die neuartige Methode vorteilhafte Möglichkeiten. So können zum Beispiel kurze Freiheitsstrafen oder die Untersuchungshaft unter Umständen in den Wohnräumen der Beschuldigten vollzogen werden, ohne dass die mutmaßlichen Täter oder Beschuldigten aus ihrem Alltag gerissen werden. Eine dritte Möglichkeit der High-Tech-Fesseln ist auch die vorzeitige Entlassung auf Bewährung, die dank moderner Technik dann lückenlos überwacht werden kann.

So funktionieren die elektronischen Fußfesseln

Kommt ein Verbrecher für die Überwachung mit den Fußfesseln in Frage, so bekommt dieser ein elektronisches Band um den Knöchel, das mit einem Sender ausgestattet ist. Von zentraler Stelle aus lässt sich der „Gefesselte“ dann rund um die überwachen. Das bedeutet, dass sein jeweiliger Standort mittels GPS immer übertragen wird. Verstößt der Verbrecher dann gegen den zuvor festgelegten Tagesplan, wird ein Alarm ausgelöst und der Täter muss sich für seinen Verstoß rechtfertigen. Geschieht dies häufiger oder in nicht tragbarem Maße, so kann der Freiheitsentzug unmittelbar wieder fortgesetzt werden. Auch wenn das Band zerstört, gewaltsam entfernt oder in sonstiger Weise manipuliert wird, wird in der Zentrale ein Alarm ausgelöst, der zu sofortigen Reaktionen vor Ort, zum Beispiel durch eine Polizeistreife, führt.

Und das soll eine Strafe sein?

Elektronische Fußfessel - Aufenthaltsüberwachung per GPS OrtungAuf den ersten Blick ist der Freiheitsentzug durch elektronische Fußfesseln eine Strafe auf Schmusekurs, so kann der Täter doch augenscheinlich seinem Alltag und damit seinem gewohnten Leben problemlos nachgehen. In der Theorie mag dies auch stimmen, doch spricht die Praxis eine deutlich andere Sprache. Von Mensch zu Mensch unterschiedlich wird das unsichtbare Gefängnis durch die Fußfessel nach einiger Zeit zur psychischen Belastung des Bestraften. Im Gegensatz zum Vollzug hinter verschlossenen Türen, lebt der „gefesselte“ Täter mit dem ständigen, psychischen Druck unter ständiger Beobachtung zu sein und bei Missachten der Regeln wieder eingesperrt zu werden. In französischen Pilotprojekten entstanden durch die erforderliche Selbstdisziplinierung und das eigenverantwortliche Setzen physischer Grenzen derartige Belastungen für die Psyche, dass eine elektronische Fußfessel nicht länger als 6 Monate verordnet werden darf. An die verschlossenen Türen im Gefängnis kann man sich relativ schnell gewöhnen, doch vor der eigenen, offenen Tür zu stehen und dennoch nur nach Vorschrift hindurch schreiten zu dürfen ist härter als man sich das zunächst vorstellen mag.

Die Vorteile der Fußfesseln

Eines der größten Aushängeschilder der elektronischen Fußfessel ist der Kostenfaktor. Eine Haftstrafe in einer Vollzugsanstalt zu verbüßen kostet den deutschen Steuerzahler laut Angaben bayrischer Justiz durchschnittlich 300.000 Euro pro Jahr und Häftling, während eine Fußfessel mit 7.500 Euro Kosten pro Jahr auskommt. Eine nicht zu unterschätzende Spanne. Doch auch aus sozialer Sicht, bringt die elektronische Fußfessel enorme Vorteile. Bei Verbrechern denkt man häufig gleich an Gewalt- und Sexualverbrecher, doch gibt es auch „harmlose“ Betrüger oder Fälscher. Natürlich haben beide beispielhaften Parteien Schaden an der Gesellschaft verursacht und natürlich soll die Justiz entsprechend soziologischer Differenzierung beide getrennt voneinander in Vollzugsanstalten unterbringen, doch sieht die Realität aufgrund des Platzmangels häufig anders aus und gerade in Untersuchungshaft entsteht die Gefahr, zuvor unbescholtene Ersttäter mit schweren Kriminellen zu vermischen. Durch die Fußfesseln lässt sich entsprechend vermeiden, dass einsichtige Ersttäter in Kontakt mit „schwer“ krimineller Energie kommen, was unterm Strich auch nicht nur ein Scheinvorteil ist, sondern sich in deutlich höheren Rehabilitationsquoten niederschlug als durch den herkömmlichen Vollzug. Ein weiterer Vorteil gerade in Hinblick auf Täter, die eigentlich der Sicherungsverwahrung unterstehen müssten, ist die minutiöse Überwachung: Ein Verschwinden oder Untertauchen ist mit den elektronischen Fußfesseln jedenfalls kaum möglich.

Kritik an der „neuen“ Strafe

Obwohl die elektronischen Fußfesseln schon seit gut zehn Jahren in Test- und Pilotprojekten unter anderem in Hessen im Einsatz waren und sich dabei überwiegend auch bewährt haben, gibt es immer auch Stimmen, die gegen derartige Neuerungen laut werden. So ist ein großer Kritikpunkt zum Beispiel, dass die Bediensteten der Überwachungszentrale keine Angestellten vom Fach sind, sondern Datenbeauftragte, die nicht über Kompetenzen von Vollzug, Bewährungshilfe oder allgemein von Sicherheit verfügen. Sicherlich ein berechtigter Einwand, aber auch einer der Sorte, den man mit alternativem oder zusätzlichem Personal recht einfach aushebeln kann. Auch technische Probleme oder Ausfälle lassen sich schon im Vorfeld gut einschätzen und absichern.

Insgesamt scheinen jedenfalls auch für die Politiker die Vorteile zu überwiegen, denn ab 2012 sollen die elektronischen Fußfesseln bundesweit zur möglichen Bestrafung werden. Wie gut oder schlecht das System dann in Deutschland funktionieren wird, wird nur die Erfahrung zeigen können und die bisherigen, auch aus dem ausländischen Einsatz, waren jedenfalls nicht die schlechtesten.

Fotos: CB Home Detention Equipment and Services, Inc. ©

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