Startseite / Politik / Recht / Soldatinnen sollen stillen dürfen

Mutterschutz bei der Bundeswehr:

Soldatinnen sollen stillen dürfen

Die Mutterschutzverordnung der Bundeswehr regelt den Umgang mit Schwangeren. Häufig sind Soldatinnen genauso unsicher wie ihre militärischen Vorgesetzten.

Soldaten(innen) in der BundeswehrIm Jahr 1990, so sagt es die Statistik des Bundesverteidigungsministeriums, gab es in der Bundeswehr 275 Soldatinnen. 14 Jahre später, im Jahr 2004, waren es bereits 10.243, und zum Ausgang des Jahres 2012 stolze 18.441 Frauen, die Dienst in der Bundeswehr taten und tun. Diese rasante Entwicklung – es ist kaum zu glauben – haben die Volksvertreter in Bundestag und Bundesrat ganz offensichtlich bereits vor 22 Jahren hellseherisch vorausgesehen und entsprechend gehandelt. Parlament und Ländergremium haben nämlich noch in Bonn die MuSchSold -Verordnung verabschiedet, was seinerzeit, beispielsweise in der Tageszeitung „Die Welt“, in leichtem Schmunzeln mit dem Kommentar versehen wurde: „Auch Soldatinnen sollen stillen dürfen“.

Feldwebel-Anwärterin: Hilferuf im Internet

Die MuSchSold-Verordnung, das ist ausgeschrieben die „Mutterschutzverordnung für Soldatinnen“. Ende November 1990 verabschiedet, im November 2004 aktualisiert, heute gültig in einer abgeänderten Fassung von 2009 und offenbar nicht so richtig bekannt. Findet sich doch beispielsweise im Internet der eine oder andere Hilferuf nach dem Motto: „Ich bin derzeit im zweiten Feldwebellehrgang und frisch schwanger. Was  muss ich jetzt tun?“.

Die Erkenntnis kam zunächst dem Bundesrat

Nun, die Erkenntnis, dass auch Soldatinnen schwanger werden können, war vor 22 Jahren zunächst im Bundesrat gereift. Und so empfahl damals der Bundesratsausschuss für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit „mit Nachdruck“, auch für Soldatinnen den Paragraphen 7, Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes in Kraft zu setzen: In diesem Paragraphen sind beispielsweise die Stillzeiten junger Mütter im Berufsleben präzise geregelt, nämlich mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder täglich eine Stunde. So sagte der Ausschuss – und die beiden anderen Ausschüsse für Verteidigung und Innere Angelegenheiten stimmten eilfertig zu – „Auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des militärischen Dienstes ist nicht einzusehen, warum diese Mindeststillzeiten nicht für Soldatinnen gelten sollen“. Der Bundestag ließ die Verordnung dann am 21. November 1990 ebenfalls passieren.

Manchmal werden Schwangere krank geschrieben

Die Mutterschutzverordnung für Soldatinnen ist im Lauf der Zeit modifiziert und detaillierter gefasst worden. Die Schwangere unterliegt den zivilen Schutzfristen und ist beispielsweise, wenn wundert es, von „militärischen Übungen unter feldmäßigen Bedingungen befreit“. Jene Schwangere aus dem zweiten Feldwebellehrgang, die ihre Frage „Was muss ich jetzt tun?“ ins Internet gestellt hatte, braucht also nicht auf die Replik jenes Witzboldes zu hören, der ihr mit einem knappen „Stillgestanden“ geantwortet hatte. Allerdings  gibt es immer wieder Vorgesetzte, die mit schwangeren Soldatinnen offenbar nicht so recht umgehen können. Jedenfalls folgert dies aus der  Mahnung des Wehrbeauftragten der Bundeswehr, und die ist erst  anderthalb Jahre alt: „Der Schutz werdender Mütter muss auch im dienstlichen Alltag der Bundeswehr sichergestellt sein. Das darf allerdings nicht dazu führen, dass schwangere Soldatinnen aus Unsicherheit oder übertriebener Fürsorge von allen Arbeiten ausgeschlossen oder einfach ‚krank zu Hause’ geschrieben werden, was jedoch immer wieder geschieht. Hier ist, in Abstimmung mit der Schwangeren und unter Rückgriff auf medizinische Beratung, Augenmaß gefordert“.

Fotos: © picture alliance / ZB

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.