Startseite / Technik / Energien / Castor – Der Mülleimer für Nukleares

Ewiger Streitpunkt:

Castor – Der Mülleimer für Nukleares

Castor Gegner bei einer Demonstration in DannebergDen Castor-Transport kennt jeder und auch jedes Jahr vermag diese atomare Reise die Gemüter eines Teils der Bevölkerung zu erhitzen. Doch was genau ist dieser Castor eigentlich und warum sorgt der Transport des Behälters mit dem merkwürdigen Namen immer wieder für so viel Aufregung? Diese und noch mehr Antworten zu den umstrittenen Stahlkolossen finden Sie hier.

Der umstrittene Behälter

Castor ist die Abkürzung für „cask for storage and transport of radioactive material” –zu Deutsch „Behälter zur Aufbewahrung und zum Transport radioaktiven Materials“ – und ist eigentlich ein international geschützter Markenname der Gesellschaft für Nuklear Service, GNS. Mittlerweile hat sich der Begriff Castor selbst durchgesetzt, weshalb dieser für alle Behälter genutzt wird, die radioaktiven Müll in sich tragen. Genutzt werden diese Spezialbehälter für die Lagerung und den Transport radioaktiver Materialen, wie sie beispielsweise als Abfallprodukte in Kernkraftwerken oder auch bei der Aufbereitung von Kernbrennstoffen entstehen.

Ein High Tech-Mülleimer

Castor erreicht VerladebahnhofDie Castor Behälter bestehen aus sogenannten GGG40, einem speziellen Gusseisen mit kugelförmigem Graphit. Dieser Mantel macht einen Großteil des Behälters aus, der es insgesamt auf ein Gewicht von 110 bis 125 Tonnen bringt. Ergänzt wird der massive Körper des Behälters durch ein Doppeldeckel-Dichtsystem, das aus Sicherheitsgründen fest mit dem Castor verschraubt wird, absolut notwendig, vor allem in Hinblick auf die Funktionen, die der High Tech-Mülleimer zu erfüllen hat. So muss der Behälter nicht nur seinen radioaktiven Inhalt sicher umschließen, sondern gleichermaßen auch die Umgebung vor der Strahlung schützen, die entstehende Wärme adäquat ableiten und zuverlässig verhindern, dass eine Kettenreaktion im Inneren stattfinden kann. Verschiedene bauliche Maßnahmen sollen dabei die Sicherheit gewährleisten. Zum einen verschließen gleich zwei Deckel den Behälter, wobei die Dichtigkeit ohne Unterbrechung überwachbar ist. Zum anderen sollen Spezial-Brennelementtragkörbe Sorge dafür tragen, dass die Wärme des radioaktiven Materials optimal abgeleitet wird. Insgesamt sind die Behälter dabei so beschaffen, dass sie extremsten Bedingungen und äußeren Einwirkungen standhalten können. Gewaltige Aufgaben und gewiss keine leichten, weshalb die Castor Transporte immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik gelangen. Doch muss man fairerweise festhalten, dass die Hersteller der Behälter sich bislang nichts vorzuwerfen haben und der Castor bislang immer halten konnte, was er versprach und was auch die Anforderungen des Gesetzes verlangen.

Grundlage ist das Atomgesetz

Verladung eines Castor Behälter in DannebergSowohl der Umgang mit Kernbrennstoffen als auch der mit abgebrannten Kernelementen ist in Deutschland streng nach dem Atomgesetz geregelt. Dementsprechend muss sowohl für die Lagerung als auch für den Transport eine Genehmigung beim Bundesamt für Strahlenschutz eingeholt werden. Und die Sicherheitsbestimmungen, um eine Genehmigung zu erhalten sind streng. So sind für den Transport von radioaktiven Elementen Typ-B-Verpackungen vorgesehen, worum es sich bei dem Castor auch handelt. Diese Typ-B-Verpackungen müssen extremen mechanischen und thermischen Belastungen standhalten können. Um nachzuweisen, dass die Behälter die Sicherheitsanforderungen erfüllen genügt in der Regel ein rechnerischer Beweis, jedoch gehen die meisten Hersteller auf Nummer sicher und führen Härtetests mit ihren Behältern durch, die sogar über die Anforderungen hinausgehen. Vorgeschrieben sind jedoch folgende Eigenschaften: Der Behälter muss einen Sturz aus neun Metern Höhe auf festen Grund, sowie den Aufprall auf einen fünfzehn Zentimeter dicken Stahldorn unbeschadet überstehen. Zudem muss der Castor Behälter über einen Zeitraum von mindestens dreißig Minuten lang unempfindlich gegen 800 Grad Celsius heißes Feuer sein und auch die Unterwasserfähigkeit muss gewährleistet sein. Entsprechend muss der Behälter problemlos acht Stunden in einer Wassertiefe von zwanzig Metern und eine Stunde in einer Tiefe von 200 Metern überstehen können. Zurück gehen diese Anforderungen auf Empfehlungen der Internationalen Atomenergieorganisation, IAEO. Wie bereits angedeutet, führen die Hersteller aber weiterführende Tests durch, die deutlich extremere Belastungen für die Behälter darstellen. Als Beispiel sei nur die Überprüfung der Feuerfestigkeit genannt, die im internen Härtetest mindestens dreißig Minuten bei 1.200 Grad Celsius beträgt oder auch der Sturz aus 40 Metern Höhe, der ohne die Sicherheit beeinträchtigende Schäden überstanden wird. Doch warum befinden sich die Castor Transporte dann immer wieder in der Kritik, wenn die Behälter doch so sicher sind?

Kritiker trauen den Angaben nicht

In erster Linie bezweifeln Kritiker der Castor Transporte die Aussagekraft der Härtetests. Denn so finden viele der Tests zwar unter realen Bedingungen statt, allerdings mit Modellen oder leeren Castor Behältern, die nicht dem Gewicht derer eines Original-Transportes entsprächen. Hinzu kommt der Kritikpunkt, dass es per Gesetz ausreichend ist, die Sicherheit mit Zahlen und Hochrechnungen zu Belegen anstatt mit Tests unter absolut realen Vorzeichen. Insbesondere befürchten Kritiker hierbei Rechenfehler oder unkalkulierbare Risiken. Bis auf diese Befürchtungen, auch solchen von Manipulationen wie Terroranschlägen oder ähnlichem, gibt es allerdings keine handfesten Belege für die Gefahren eines Transportes. Entsprechend sind die alljährlichen Proteste auch nicht primär gegen den Transport des Atommülls gerichtet, sondern symbolisch gegen das Problem der langfristigen Lagerung des radioaktiven Abfalls in Gorleben und gegen die unentwegte Produktion neuer Abfallprodukte, die Generationen über Generationen strahlend und gefährlich einfach zu dem bisherigen Müll gebracht und weggeschlossen werden sollen.

Fotocredits: © Andreas Conradt, Karin Behr, Simon Mario Avenia / PubliXviewinG / PubliXview

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.