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Nebenwirkungen:

Online-Banking mit epileptischen Anfällen?

Die optischen Sensoren beim Online-Banking haben auch ihre Risiken – die nicht mit dem Konto im Zusammenhang stehen, sondern mit der Gesundheit.

Beim chipTan-Verfahren scannt der Generator eine Grafik auf dem Bildschirm und übermittelt die Überweisungsdaten.

Nichts für Epileptiker: Beim chipTan-Verfahren können unangenehme Nebenwirkungen auftreten. Bild: © pa / dpa

Online-Banking ist In. Ist eine feine Sache. Der Bankkunde kann vom heimischen Schreibtisch aus Überweisungen tätigen, den Kontostand kontrollieren – und braucht nicht mehr zum Bankschalter. Und: Online-Banking wird immer sicherer. Das sagen jedenfalls die Banken. Die Sicherheitsstandards steigen, die Abwehrkräfte gegen Betrüger im Internet werden immer ausgefeilter. Das fordert dem Nutzer auch einiges ab; ein bisschen Internet-Verstand und vor allem Sorgfalt in der Nutzung der von den Banken vorgegebenen Instrumente.

Flackernde Schwarz-Weiß-Flächen

Eines davon ist das von Kobil Systems gefertigte System chipTan. Das ist im Kern ein Kartenlesegerät, das für jeden Bankvorgang eine einzige Tan erzeugt. Die Postbank beispielsweise, mehrere Sparkassen und Volksbanken setzen chipTan comfort ein, wie es in banktechnischer Sprache heißt. Die Volksbanken nennen es Sm@rt-TAN optic. Hier werden statt der Kontrollnummer die vollständigen Auftragsdaten zur Berechnung der eTan verwendet. Diese Auftragsdaten werden über optische Sensoren eingelesen. Hierzu hält der Bankkunde das Gerät in geringem Abstand auf eine Grafik, die auf dem Monitor des heimischen PC flackernde Schwarz-Weiß-Flächen enthält und innerhalb der Online-Banking-Anwendung gezeigt wird. So werden dann auf dem Lesegerät die Tans erzeugt; der Kontoinhaber kann den Ablauf bestätigen und abschließen.

Anfälle bei der Nutzung des PC

Aber nur dann, wenn er nicht vorher einen epileptischen Anfall bekommen hat. Spötter sagen, Sicherheit habe ihren Preis. Aber es ist in der Tat so, und die Banken sind gezwungen, darauf hinzuweisen: Die flackernde Grafik auf dem Bildschirm kann auch Böses auslösen. Obwohl es erstmal kaum einer weiß, weil kaum jemand „Bedienungsanleitungen“ gründlich liest. Aber der Hinweis findet sich – beispielsweise in den Anweisungen zur Nutzung der Lesegeräte, die  von den Volksbanken im Lauf des Jahres 2012 verschickt worden sind. Dieser „Hinweis“ lautet wörtlich: „Bei manchen Personen können blinkende Lichter und Muster beim Betrachten von Fernseh-/Monitorbildern … epileptische Anfälle auslösen. Diese Personen können bei der Benutzung von Computern einen Anfall erleiden… Falls bei Ihnen oder einem ihrer Familienmitglieder unter Einwirkung von Blitzlichtern mit Epilepsie zusammenhängende Symptome (Anfälle oder Bewusstseinsstörungen) aufgetreten sind, nutzen Sie bitte das Online-Banking mit manueller Dateneingabe“. Auf jeden Fall, um jedwede  „Ausfälle“ zu reduzieren, wird dreierlei angeraten: Größtmöglichen Abstand zum Bildschirm zu halten, nicht längere Zeit auf die blinkende Grafik zu schauen und stets in einem gut beleuchteten Raum zu arbeiten.

Alternative: Manuelle Dateneingabe

Zum Trost: Die Banken verweisen gleichzeitig pointiert darauf, dass solche epileptischen Fälle im Verhältnis 1:4000 auftreten. Ein schwacher Trost für den, den es trifft. Andererseits: Die in rascher Folge blinkernden Grafiken sind nicht selten auch nachlässig im Auslesen der Daten. Häufig funktioniert es einfach nicht. Darum sind auch wenig epileptisch anfällige Bankkunden dankbar, dass unter jeder zappelnden Grafik vorsichtshalber ein Link zu finden ist. Er heißt „Manuelle Dateneingabe“.

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Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.