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Seelenstriptease:

Selbstdarstellung im Netz – wer will das eigentlich alles wissen?

Nichtigkeiten werden per Facebook kommuniziertKnapp 20 Millionen Deutsche haben derzeit einen Facebook-Account – das ist jeder vierte. Auch Twitter erfreut sich mit weltweit rund 200 Millionen Mitgliedern enormer Beliebtheit – und die Userzahlen steigen ständig. Doch was macht den Reiz von Facebook & Co, die von Kritikern vor allem als digitales Netz der Eitelkeiten bezeichnet werden, eigentlich aus?

Virtuell aufgeblähte Nichtigkeiten werden zur Nachricht

Der Informationsgehalt der virtuellen Notizen ist bisweilen so gering, dass es absurd ist. Paul kommt gerade vom Sport. Karin langweilt sich. Und Sylvia kommentiert den neuen Beziehungsstatus von Kai – der sich in einer offenen Beziehung befindet – mit einem „gefällt mir“.

User, die keine Banalitäten verbreiten oder Nichtigkeiten kommentieren, sind damit beschäftigt, sich selbst ins rechte Licht zu setzen. Sie verweisen auf die Labels, Designer und Einrichtungsgegenstände, mit denen sie sich schmücken – oder es gerne täten – und schwärmen von luxuriösen Hotels, in denen sie urlauben würden.

Die Zielvorgabe ist klar: Es geht darum, sich sexy, stylish, weltgewandt und erfolgreich zu präsentieren. Mehr Schein als Sein?

Ich-AG 2.0: Profilneurose contra Selbstschutz

Im Web 2.0 gewinnt die Ich-AG eine ganz neue Bedeutung. Der Drang, virtuell das perfekte Selbst zu kreieren, treibt viele User zu einer Art Selbstentblößung, die sonst nur von den Teilnehmern dubioser TV-Formate wie dem Dschungelcamp übertroffen wird.

Der natürliche Selbstschutztrieb wird im Netz außer Kraft gesetzt und das liegt daran, dass der virtuelle Seelenstriptease weitaus mehr Beachtung findet als die realitätsnahe Präsentation. Je mehr der User von sich preisgibt, desto stärker wird er aus der Bedeutungslosigkeit katapultiert.

Die virtuelle Selbstvermarktung fasziniert nicht nur Medienpsychologen, sondern hat auch völlig neue Berufsbilder erschaffen – die der Profilagenten beispielsweise. Die Rede ist von Menschen, die auf professioneller Basis langweilige Onlineprofile optimieren und somit zum digitalen Image-Berater werden.

Die Kosten für einen Personality-Relaunch liegen bei mindestens 70 Euro und sind nach oben offen. Die Idee, das Onlinetreiben von einem wohlmeinenden Menschen prüfen zu lassen, ist gar nicht mal so verkehrt. Denn skurrile Facebook-Einträge, die den Verfasser in Teufels Küche bringen, sind mittlerweile so weit verbreitet, dass sie ein ganzes Buch füllen. Tendenz: mit Sicherheit steigend.

Buchtipp: Geaddet, gepostet, Webfail!: Die peinlichsten und lustigsten Facebook-Einträge (ISBN: 978-3868832020) von Nenad Marjanovic. Das Buch ist erschienen im Riva Verlag und kostet 8,99 Euro.

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