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Absurde Gesetzgebung:

Der Effektivzins verliert seine Aussagekraft

Der effektive Jahreszins gilt als bestmöglicher Vergleichsmaßstab für Kredite. Im Effektivzins sind nicht nur die eigentlichen Sollzinsen, sondern auch alle zusätzlichen Kosten, wie etwa Bearbeitungsgebühren oder Spesen für die Kontoführung, enthalten.

Effektivzinsen wurde durch EU-Richtlinie abgeschafft.

Der Effektivzins hat seine Aussagekraft durch die EU-Richtlinie verloren. Bild: © fotolia.de

Der Gesetzgeber hat die Aussagekraft des effektiven Jahreszinses jedoch deutlich geschwächt. Statt Kreditnehmern Orientierung zu bieten, führt er nun im schlimmsten Fall zu Fehlentscheidungen.

Eine Änderung der Preisangabenverordnung, mit der eine EU-Richtlinie umgesetzt wurde, hat nun für Chaos bei Immobilienkrediten gesorgt. Der effektive Jahreszins in den Angeboten bezieht sich jetzt nicht mehr auf die Dauer der Zinsbindung, sondern auf die gesamte Laufzeit. Das ist geradezu absurd, weil die Höhe des Zinssatzes nach dem Ende der Zinsfestschreibung zum Zeitpunkt des Abschlusses ja nicht feststeht.

Gegen die Logik: Effektivzinsen niedriger als der Sollzins

Früher gaben Kreditinstitute deshalb den anfänglichen effektiven Jahreszins an. Seit der Einführung der neuen Richtlinie ist das vorbei. Gravierende Auswirkungen hat das vor allem bei Sparkassen.

Deren Kreditverträge sehen vor, dass im Anschluss an die erste Zinsfestschreibung ein variabler Zinssatz gilt, wenn sich Sparkasse und Kunde nicht vor Fälligkeit auf die Konditionen einer neuen Zinsbindung einigen können. Die Preisangabenverordnung in neuer Fassung setzt nun voraus, dass in einem solchen Fall der aktuelle Zinssatz variabel verzinslicher Darlehen als Schätzwert für den Zinssatz nach Ablauf der Zinsbindung zugrunde gelegt werden muss.

Sinn und Zweck des effektiven Jahreszinssatzes werden damit nach Ansicht von Verbraucherschützern unterlaufen. Schließlich sind die variablen Zinsen gegenwärtig historisch niedrig, so dass sie keine Grundlage für eine realistische Zukunftsprojektion bieten können. Betroffen sind vorwiegend Sparkassen. Die Verträge anderer Banken sind so gestaltet, dass wie auch zuvor mit dem Vertragszins für die Zeit nach der Zinsbindung weitergerechnet wird.

Bei Ratenkrediten ist die Bearbeitungsgebühr entscheidend

Nicht nur bei Immobilienkrediten, sondern auch bei Ratenkrediten ohne Verwendungszweck und grundpfandrechtliche Besicherung hat der effektive Jahreszins an Bedeutung verloren. Auch hier ist die Ursache in einer neuen Gesetzgebung zu suchen.

Die im Juni in Kraft getretene Verbraucherkreditrichtlinie wurde dabei von Verbraucherschützern einhellig begrüßt. Sie beschränkt für den Fall einer vorzeitigen Kreditkündigung durch den Darlehensnehmer die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bank in Rechnung stellen darf. Maximal ein Prozent des Ablösesaldos sind erlaubt.

Banken müssen im Fall vorzeitiger Tilgungen dennoch nicht um ihre Margen fürchten, solange Verbraucher den Effektivzins als Entscheidungsgrundlage nutzen. Durch eine hohe Bearbeitungsgebühr, die im Effektivzins enthalten ist, sichern sich die Institute ihre Gewinne direkt bei Vertragsbeginn. Die Bearbeitungsgebühr ist im Falle einer vorzeitigen Kündigung nicht erstattungsfähig. Sie wird dem Kreditkonto direkt bei der Auszahlung belastet.

Worauf soll man als Verbraucher bei Immobilienkrediten oder Ratenkrediten achten?

Die Änderung der Preisangabenverordnung, die Kreditnehmer eigentlich schützen sollte, macht einen Blick ins Kleingedruckte der Vertragsbedingungen wichtiger denn je. Bei Ratenkrediten sollten Kreditnehmer nicht nur auf den Effektivzins, sondern auch auf seine Zusammensetzung achten. Je geringer die Bearbeitungsgebühr, desto besser.

Bei Immobilienkrediten (speziell bei solchen von Sparkassen) gilt es ebenfalls, genau hinzusehen. Als Vergleichsmaßstab kann der Tilgungsplan genutzt werden: Entscheiden ist die Höhe der Restschuld beim Ablauf der ersten Zinsbindung. Je niedriger sie ist, desto besser ist das Angebot.

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