Griechenland ist pleite. Daran kann auch der Erhalt der formalen Zahlungsfähigkeit der Hellenen durch EU und IWF nichts ändern. Mit der griechischen Finanztragödie ist es nicht getan: Die nächsten Kandidaten sind Portugal, Irland, Spanien, Belgien und Italien. Die Schuldenmisere in Europe wirft viele Fragen auf: Nach den Ursachen und den Schuldigen, den Konsequenzen und Gefahren – aber auch danach, wer eigentlich „gerettet“ wird.
Auch Euro-Befürworter müssen in diesen Tagen einräumen, dass die Kritiker der Einheitswährung in manchen Punkten Recht behalten haben. Sie fürchteten von Anfang an den Übergang der EU zu einer Haftungs- und Transferunion, der laut den EU-Verträgen eigentlich ausgeschlossen sein sollte.
Eine einheitliche Währung für heterogene Volkswirtschaften birgt das Risiko von wirtschaftlichen Ungleichgewichten innerhalb der Währungsunion. Das Risiko ist eingetreten. Zwar weist die Eurozone insgesamt eine weitgehend ausgeglichene Leistungsbilanz auf. Innerhalb der Währungsunion finden sich aber große Unterschiede.
Versagen quer durch alle Institutionen
„Als Standardargument wird von Frau Merkel und anderen immer wieder angeführt, Deutschland profitiere wie kein anderes Land der Währungsunion vom Euro. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts sagen etwas anderes. In den zwölf Jahren seit Einführung des Euro ist die deutsche Wirtschaft durchschnittlich um 1,2 Prozent im Jahr gewachsen, nur Italien entwickelte sich im Euroraum noch schlechter. Wachstumsgewinner sind mit Jahresraten von 3,9 und 2,7 Prozent Irland und Griechenland.“ siehe Artikel von der FAZ „Tausend Milliarden Euro“
Während Deutschland als größte Volkswirtschaft der Währungsunion einen Leistungsbilanzüberschuss aufweist, lebt vor allem der Süden der Eurozone über seine Verhältnisse.
Möglich wurde das nicht zuletzt durch die Einheitswährung und das implizite Vertrauen der Märkte auf eine Universalhaftung für Staatsschulden. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Zinssätze für Anleihen verschiedener Euro-Länder über Jahre nur moderat voneinander abwichen.
Auf dem Weg zum Staatsbankrott haben viele Institutionen versagt. Zuerst die Politik, die die Stabilitätskriterien von Maastricht sträflich vernachlässigt hat. Auch die europäischen Statistikbehörden lieferten keine Glanzleistung ab. Bis die griechische Haushaltsmanipulation auffiel, vergingen Jahre.
Kritisch hinterfragt werden muss auch die Funktion der nach wie vor mächtigen Ratingagenturen: Sie sahen lange Zeit nichts und verhielten sich mit ihren Einstufungen dann so prozyklisch wie der gesamte Finanzsektor es in Krisen immer zu tun pflegt.
Stehen Gläubigeransprüche über allem?
Die Politik legt immer neue Rettungspakete auf. Den Hilfen für Griechenland folgten solche für Irland und Portugal, nun steht bald das zweite griechische Paket an. Einen wirklichen Plan haben EU und IWF nicht. Das Handeln steht ganz im Zeichen der Angst vor einem Dominoeffekt und einer abermaligen Verschärfung der Finanzkrise.
Auch hier stellen sich Fragen. Wer etwa sind die wahren Adressaten der „Rettungspakete“? Einen verschuldeten Staat muss niemand retten – im schlimmsten Fall könnte er seine Schulden nicht bezahlen. Dass Griechenland danach für Jahre nicht finanzmarktfähig sein könnte, erscheint als überschaubares Risiko.
Die Hilfsgelder dienen vornehmlich zur Refinanzierung von Bestandsschulden. Ohne die und die darauf anfallenden Zinsen könnte selbst Griechenland den größten Teil seiner Staatsausgaben ganz klassisch mit Steuereinnahmen finanzieren.
Von den Rettungspaketen profitieren auch und gerade Banken. Einen griechischen Staatsbankrott könnten BNP Paribas, Deutsche Bank und Co. zwar verkraften. Spätestens bei einem (unwahrscheinlichen) italienischen Schuldenschnitt aber gerieten auch größere Institute in Bedrängnis. Wenn ein griechisches Rettungspaket zur Vermeidung einer Eskalation dient, dient es auch dem Finanzsektor.
Die USA fordern Haushaltsdisziplin und haben 14 Billionen Dollar Schulden
Ob weitere Staaten ins Visier der Märkte geraten und sich ihr Schuldenproblem zu einem Staatsbankrott entwickelt, ist schwer vorherzusagen. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich stellte in einem Bericht jüngst fest, dass die Vertrauensallokation der Finanzmärkte sehr unberechenbar sein kann.
Erwähnt werden in diesem Zusammenhang auch die USA und ihre desaströse Haushaltssituation. Sollte die größte Volkswirtschaft der Welt mit ihren 14 Billionen Dollar Schulden den Vertrauensentzug der (Finanz-)Welt erleiden, hätte Griechenland das Schlimmste wohl überstanden…
Weiterführende Links zum Thema „Staatspleite Griechenland“:
Jetzt rächt sich das Demokratiedefizit der EU
Griechenland – Tausend Milliarden Euro
http://www.faz.net/artikel/S30638/griechenland-tausend-milliarden-euro-30446776.html
Euro-Krise: Top-Ökonom hält Griechenland-Pleite für unausweichlich
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,770592,00.html
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