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Ratgeber:

Privatinsolvenz – Ausweg aus der Schuldenfalle?

Seit 1999 können in Deutschland nicht nur Unternehmen, sondern auch Privatpersonen versuchen, ihre Schulden über eine Privatinsolvenz loszuwerden.

Die Verbraucherinsolvenz ist für viele Menschen oft der letzte Ausweg, um Schulden loszuwerden.

Wer seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, geht in die Privatinsolvenz. Bild: © fotolia.de

Die Verbraucherinsolvenz sieht die Möglichkeit einer gerichtlich ausgesprochenen Restschuldbefreiung vor. Voraussetzung ist, dass ein Amtsgericht das Insolvenzverfahren eröffnet und dass sich die insolvente Person während einer Periode von sechs Jahren nach Beginn des Insolvenzverfahrens wohl verhält.

Wer kann die Privatinsolvenz beantragen?

Ein Verbraucherinsolvenzverfahren kann grundsätzlich von jeder natürlichen Person beantragt werden. Es können auch Verbindlichkeiten von persönlich haftenden Unternehmern bereinigt werden, die bei nicht mehr als 20 Gläubigern Schulden haben und die nicht aus einem Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitnehmern resultieren.

Damit das zuständige Amtsgericht der Eröffnung eines privaten Insolvenzverfahrens zustimmt, muss zunächst durch den Schuldner alles unternommen werden, was der Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung dient.

An erster Stelle steht hier der Versuch, die Gläubiger zu einem Vergleich zu bewegen. Dies kann durch ein entsprechendes Angebot erfolgen: Kann der Schuldner etwa anbieten, 20 Prozent seiner Verbindlichkeiten in einer Summe zu zahlen und lassen sich alle Gläubiger auf einen Verzicht auf den Rest ein, kann auf das Insolvenzverfahren verzichtet werden.

Der Versuch einer außergerichtlichen Einigung muss seitens einer anerkannten Instanz gegenüber dem Amtsgericht bescheinigt werden, damit die Eröffnung eines Verfahrens möglich ist. Schuldner, die diesen Weg gehen möchten, sollten deshalb so schnell wie möglich einen Rechtsanwalt oder eine öffentlich anerkannte Schuldnerberatungsstelle aufsuchen. Diese stellt dann einen Schuldenbereinigungsplan auf und tritt mit den Gläubigern in Kontakt.

Stimmen nicht ausnahmslos alle Gläubiger dem Vorschlag zur außergerichtlichen Einigung zu, gilt der Vorschlag als gescheitert und das Insolvenzverfahren kann eröffnet werden.

Schuldner, die über gar keine finanziellen Mittel verfügen und ihren Gläubigern keinen Vergleich mit einer akzeptablen Quote anbieten können, müssen mit einer Ablehnung rechnen. Der Versuch der außergerichtlichen Einigung ist in diesen Fällen als Formalie zu betrachten. Besonders bei Schuldnerberatungsstellen muss jedoch nicht selten ein halbes Jahr auf einen Termin gewartet werden. Verbraucher, die sich ihrer Schulden entledigen möchten, sollten deshalb so schnell wie möglich um einen Termin bitten.

Der Antrag beim Amtsgericht sieht regelmäßig die Restschuldbefreiung im Anschluss an eine so genannte Wohlverhaltensperiode vor. Dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens müssen deshalb neben der Bescheinigung über den Versuch einer außergerichtlichen Einigung auch ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung, die Aufstellung der vorhandenen Gläubiger und ihrer Forderungen sowie eine Vermögensübersicht und ein Schuldenbereinigungsplan beigefügt werden.

Das Gericht prüft dann zunächst, ob eine gerichtliche Schuldenbereinigung möglich ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Vermögenswerte und das Einkommen des Schuldners die Rückzahlung der Verbindlichkeiten möglich erscheinen lassen. In der Mehrzahl der Fälle sind jedoch keine Vermögenswerte in größerem Umfang vorhanden.

Sechs Jahre ‚Wohlverhalten’ – was ist damit gemeint?

In diesem Fall müssen Verbraucher eine sechs Jahre lange Wohlverhaltensperiode durchlaufen. Während dieser müssen alle Einkünfte, die oberhalb gesetzlich festgelegter Pfändungsgrenzen liegen, an einen Treuhänder abgeführt werden. Die Pfändungsfreigrenze beläuft sich für eine Alleinstehende Person ohne Kinder auf 990 Euro im Monat.

Für je mehr Personen Unterhaltspflicht besteht, desto höher fällt die Grenze aus, bis zu der Einkommen nicht an den Treuhänder ausbezahlt werden müssen. Erbt eine Privatperson während der Wohlverhaltensperiode, fällt die Erbschaft zur Hälfte an den Treuhänder. Das gilt nicht, wenn mit weniger als der Hälfte der Erbschaft alle offenen Verbindlichkeiten getilgt sind.

Die Restschuldbefreiung

Nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode spricht das Gericht eine Restschuldbefreiung aus – der Schuldner wird dadurch von den noch nicht getilgten Verbindlichkeiten entlastet. Voraussetzung ist, dass während der sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirklich alle Einkünfte oberhalb der Pfändungsfreigrenzen an den Treuhänder angeführt wurden. Verstöße gegen diese Regel können dazu führen, dass der Antrag auf Restschuldbefreiung abgelehnt wird.

Das private Insolvenzverfahren ist ein herber Einschnitt: Die sechsjährige Wohlverhaltensperiode erfordert in Höchstmaß an Disziplin und Ausdauer, weil das Einkommen auf kaum mehr als das Niveau der Grundsicherung absinkt. Nach Ablauf des Verfahrens besitzen Verbraucher keinerlei Vermögen. Darüber hinaus ist die persönliche Bonität auch nach dem Verfahren noch für lange Zeit beschädigt – die Schufa speichert die Information über das Verfahren für weitere sechs Jahre.

Die hohen Anforderungen machen die Privatinsolvenz zum letzten Mittel. Das Insolvenzverfahren kann nur dann eine Lösung sein, wenn keine anderen Alternativen möglich sind. Sind die Schuldenberge allerdings so hoch, dass ein Ausweg aus eigener Kraft undenkbar ist, sollte keine Zeit verschwendet werden – je früher das Verfahren begonnen wird, desto schneller ist es vorüber.

Oft sind Verbraucher, die eine Insolvenz anstreben, vollkommen mittellos. Wer weder Vermögenswerte noch ein Einkommen deutlich über der Pfändungsfreigrenze hat, sollte dies den Gläubigern unbedingt klar machen. Findet sich ein Freund oder ein Verwandter, der für zumindest 20 Prozent der Verbindlichkeiten einstehen kann, können Gläubiger mit etwas Geschick zu einem Vergleich überzeugt werden.

Fällt auch diese Möglichkeit weg, ist die Privatinsolvenz der einzige Weg zurück zu einem Leben ohne Mahnungen, Vollstreckungsbescheide und Besuche des Gerichtsvollziehers. Schuldner können sich in großer Gesellschaft wähnen: Allein im Jahr 2008 eröffneten in Deutschland mehr als 100.000 Verbraucher ein privates Insolvenzverfahren.

Hilfe für Schuldner

  • Broschüre „Schulden loswerden – Wo kann ich mir Hilfe holen?“ des Bundesverbraucherschutzministerium können Sie beim Bestellservice 01805/77 80 90 anfordern
  • Pfändungsrechner, Schuldnerberatungsstellen und ein Schuldenlexikon kann man bei abrufen
  • Online Beratung (kostenlos) gibt es ebenso bei http://www.beratung-caritas.de

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