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Vertrauen ade:

Verkaufsdruck macht Bankberatung zur Nebensache!

Eigentlich weiß es jeder: Banken wollen nur unser bestes – nämlich unser Geld. Dass Bankmitarbeiter gerne magenstarke Produkte statt langweiliger Festgeldkonten verkaufen, ist vielen Anlegern ebenso klar wie die provisionsabhängige Vergütung von Bankern.

Vertriebsdruck: den Kunden zur Unterschrift drängenWie desaströs es um die Bankberatung in Deutschland tatsächlich bestellt ist, zeigten in der jüngeren Vergangenheit mehrere kleine Skandale und einige Umfragen unter Mitarbeitern der Kreditinstitute.

Für Mitarbeiter in Banken gibt es offensichtlich nur noch eine Vorgabe: Verkaufen um jeden Preis – möglichst zu allerhöchsten. Die Mitarbeiter werden von der Vertriebsleitung in wöchentlich stattfindenden Meetings angehalten, alle Fonds im Depot gegen neue auszutauschen. Daran verdient die Bank gut, der Kunde hingegen nicht. Genauso wird darauf gedrängt, Zertifikate zu kaufen – auch wenn Festgeld oder Tagesgeld besser geeignet wären.

„Man wird angeschrien und schikaniert“

Beugt sich ein Banker dem Vertriebsdruck nicht, drohen ihm Konsequenzen. In anonymen Umfragen und Berichten werden immer wieder die Methoden verdeutlicht, mit denen die Vertriebsleitung vorgeht. So sind in einigen Banken wöchentliche Vier-Augen-Gespräche zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem üblich. Dann werden nachdrückliche Fragen gestellt: „Was hast Du in dieser Woche erreicht? Was kannst Du besser machen?“

Die Stiftung Warentest berichtete im Sommer über eine Umfrage der Gewerkschaft Verdi. Das Ergebnis: Die Bankberater würden grundsätzlich gerne objektiv und gut beraten. Möglich ist das aber nicht, weil gute und objektive Berater nicht im Interesse der Bank sind und schnell ihren Job verlieren. Das Prinzip der Banken lautet: Je mehr Vertriebsdruck, desto besser. Eine Bank soll sogar verlangen, dass jedes Jahr einige Abschlüsse im privaten Umfeld der Mitarbeiter erfolgen.

Ob die Qualität der Beratung dadurch steigt? Finanztest berichtet in Ausgabe 9/2010, S. 33 über die Situation bei Banken wie Santander, Commerzbank und anderen: „Was passiert, wenn ein Berater nicht genug Ertrag bringt, beschreibt auch ein stellvertretender Filialleiter der Targobank (früher citibank). Er werde gemieden und erhalte diverse Abmahnungen, bis er von sich aus ‚freiwillig‘ kündigte.“ (Hier geht’s zum Testbericht).

Schlechte Bankberatung: Die Kundin soll den Vertrag unterschreibenDie Targobank ist auch ins kritische Blickfeld der Verbraucherzentrale NRW gerückt: Diese mahnte im September 2010 drei Banken ab, weil ihre „Klauseln zur Zinsanpassung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (…) die Verbraucher benachteiligen“ (Pressemitteilung VZ NRW, 13.9.2010). Weil die Sparda Bank Münster und die Targobank keine Unterlassungserklärung unterschrieben, zog die Verbraucherzentrale NRW gegen diese Institute vor Gericht.

Markus Feck, Referent für Bankrecht der Verbraucherzentrale NRW, teilte auf Anfrage mit, dass die mündliche Verhandlung zur Targobank vor dem Landgericht Düsseldorf für November 2011 anberaumt sei, für die Verhandlung zur Sparda Bank gebe es noch keinen Termin.

Geht es nach dem Vorstandsvorsitzen der Targobank, Franz Josef Nick, soll alles besser werden. In einem Interview vom 8. Januar 2011 mit finanzen.net schwächt er die Einschätzung der Stiftung Warentest, die der Targobank eine „schlechte Beratungsqualität“ attestiert, ab: „inhaltlich (haben wir) nichts verkehrt gemacht, sondern Formalien nicht eingehalten: So hätten wir in den Fällen, in denen wir über ein Wertpapier beraten haben, ein Beratungsprotokoll aushändigen müssen. Das haben wir nur in einem Fall getan – das darf künftig nicht mehr passieren.“

Utopische Anforderungen

Für die Mitarbeiter vieler Banken ist es praktisch unmöglich, die Anforderungen der Vertriebsleitungen zu erfüllen. Durch intransparente und willkürliche Bewertungssysteme wird jeder Mitarbeiter darauf getrimmt, so viele Produkte an den Kunden zu bringen wie nur irgendwie möglich. Bestehende Vertrauenspotenziale sollen dabei skrupellos ausgenutzt werden. Nicht nur bei Privatbanken werden zweifelhafte Methoden angewandt. Die Sparkassen sind nicht im Geringsten besser. Im Herbst geriet die Hamburger Sparkasse in die Schlagzeilen.

Nicht, weil sie Lehman-Zertifikate an ahnungslose Anleger verkauft und diesen damit herbe Verluste eingebrockt hatte – dafür wurde sie schon vorher gerichtlich verurteilt. Die „Haspa“ hatte ihren Kundenstamm anhand bestimmter Merkmale durchforstet und damit psychologische Profile erstellt.

Lehman-Zertifikate für den bewahrenden Typ

Das Ergebnis dies „Profilings“ kannten die Berater, wenn sie mit einem Kunden ins Gespräch gingen. Zu den einzelnen Kategorien wurden für die Mitarbeiter sogar Broschüren angefertigt – schließlich sollten dem „Abenteurer“ andere Produkte angedreht werden als dem „Bewahrer“. Die Haspa hat sich nach dem Bekanntwerden der Psycho-Methoden von diesen distanziert und erklärt, sie künftig nicht mehr nutzen zu wollen.

Die Vertriebsleitung der Hamburger Sparkasse schreckt selbst vor Grundschülern nicht zurück. In einem gemeinsamen Brief mit der Schulleitung einer Hamburger Grundschule forderte sie Eltern auf, ein Haspa-Girokonto für ihre Kinder zu eröffnen. Die Begründung: In der Kantine werde ein Geldkartensystem zur Bezahlung eingeführt. Dass das Bezahlen auch mit den Geldkarten anderer Institute möglich ist, wurde verschwiegen.

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