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Wegweiser durchs Gewirr der Biosiegel

Wer Wert darauf legt, nachhaltige und ökologische Produkte zu kaufen, kann sich an Biosiegeln orientieren. Die wichtigsten Bio-Siegel im Überblick.

Jede Supermarktkette hat auch eigene Bio-SiegelIm Prinzip sind sie eine gute Idee – Siegel, die den gezielten Einkauf erleichtern. Denn die Kühe auf den Verpackungen sehen immer glücklich und zufrieden aus, grasen stets auf saftigen grünen Weiden. Mit der Realität hat das freilich nichts zu tun. Wenn neben der Kuh ein Bio-Siegel prangt, zeigt das immerhin eine Tendenz. Mittlerweile gibt es allerdings so viele verschiedene Kennzeichnungen, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten. Und jedes Zertifikat hat seine eigenen Kriterien. Einige der wichtigsten Bio-Siegel:

Deutsches Bio-Siegel

Das staatliche grüne Sechseck mit Aufschrift „Bio“ gibt es seit 2001. Mit diesem Zeichen versehene Produkte erfüllen auch die Kriterien der EG-Öko-Verordnung. „Die Mindestkriterien und damit das Siegel sind im Wesentlichen vertrauenswürdig“, urteilt der BUND. Geregelt sind etwa der (Nicht)Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln, mineralischem Dünger, Geschmacksverstärkern, Aromen, Farbstoffen, Zusatz- und Hilfsstoffen, eine artgerechte Tierhaltung ohne Antibiotikagabe; radioaktive Bestrahlung und genetisch veränderte Erzeugnisse sind nicht erlaubt. Die Nummer der zuständigen Kontrollbehörde ist auf jedem Produkt angegeben.

EU-Bio-Siegel

Wie auch beim deutschen Bio-Siegel muss das Produkt zu mindestens 95 Prozent aus Bio-Produktion stammen; der Anteil an genetisch veränderten Organismen darf 0,9 Prozent nicht übersteigen. Sowohl das Siegel aus Brüssel als auch das deutsche kennzeichnen einen Mindeststandard. Die Siegel der einzelnen Anbauverbände, denen laut BUND ca. 60 Prozent der Bio-Bauern angehören, haben sehr viel strengere Kriterien. Beispielsweise ist den Tieren dort mehr Bewegungsfreiheit vergönnt.

Anbauverbände: Demeter, Naturland, Bioland

Ein Glas Joghurt von demeter

Bio Joghurt von demeter – Foto: © picture-alliance/ dpa

Demeter gibt es bereits seit 1924, und damit ist er der älteste Anbauverband Deutschlands. Er zeichnet Produkte aus bio-dynamischer Landwirtschaft aus und rekurriert auf die Anthroposophie Rudolf Steiners. Speziell sind etwa feinstofflich wirkende Präparate aus Heilpflanzen, Mineralien und Mist, die zur Bodenverbesserung eingesetzt werden. Demeter-Landwirte gibt es auf allen Kontinenten der Welt. Naturland gehört zu den größten Agrarverbänden Deutschlands. Zu den Naturland-Richtlinien gehören eine ökologische Waldnutzung und soziale Verantwortung; ein weiterer Schwerpunkt sind Kriterien zur Herstellung von Textilien und Kosmetika. Bioland-Betriebe müssen sich an sieben Richtlinien halten – diese drehen sich um die Bodenqualität, aber auch artgerechte Tierhaltung und Nachhaltigkeit.

Gemeint sind die Kriterien der Anbauverbände, dass die Betriebe komplett ökologisch arbeiten müssen. Weitere Anbauverbände sind Biokreis, Biopark, Ecoland, Ecovin und Gäa, die allesamt hohe Ökostandards erfüllen.

Fischerei-Siegel

Umweltsiegel von MSC auf der Verpackung

Umweltsiegel von MSC – Foto: © picture-alliance/ ZB

Bei den Siegeln für Fische geht es um nachhaltige Fischerei, Umweltstandards für Meeresfischerei, schonende Fangmethoden und ökologische Aquakultur. Hierzu zählen das Bio-Fisch-Siegel für Produkte aus ökologischer Aquakultur der Deutsche See GmbH, das Demeter-Siegel Wild Ocean für nachhaltige Küstenfischerei und das mittlerweile auf vielen Supermarktprodukten anzutreffende Umweltsiegel des Marine Stewardship Council (MSC). Der BUND rät allerdings dazu – Siegel hin, Siegel her – den Fischkonsum generell einzuschränken.

Label für Papier und Holz

Im Segment Papier gibt es zum einen den blauen Engel, eines der ältesten Siegel im Öko-Bereich, das sich in der Regel aber nur auf bestimmte Eigenschaften des jeweiligen Produktes bezieht, weshalb genaues Hinsehen ratsam ist. Produkte aus 100 Prozent Altpapier sind damit gekennzeichnet. Des Weiteren gibt es das FSC-Siegel (Forest Stewardship Council) und PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification), Siegel für eine nachhaltige Forstwirtschaft. Letztere beide sind internationale Zertifizierungen, die jedoch nicht unumstritten sind, weil die Kontrollen mitunter zu wünschen übrig lassen.

Siegel für Textilien

Von Greenpeace empfohlen wird zum einen das GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard) für die Kontrolle der gesamten Produktionskette – Fasern, Färbung, Verarbeitung, soziale Standards – und zum anderen Naturtextil vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN). Beide Siegel gibt es in jeweils zwei Stufen, was den erforderlichen Anteil an Biofasern angeht.

Fairtrade-Siegel von TransFair

Beim fairen Handel geht es nicht nur, aber auch um ökologische Kriterien. Hinzu kommen ökonomische und soziale Aspekte. Vorrangig sollen Kleinbauern und Bauernkooperativen in Entwicklungsländern unterstützt und fair entlohnt werden. Die Erzeuger müssen sich an vorgegebene Standards halten. Mehr als zwei Drittel der Fairtrade-Produkte sind laut BUND, der das Siegel als empfehlenswert klassifiziert, auch bio. Häufig ist dieses Siegel bei Kaffee, Kakao und Schokolade zu finden; auch in den Supermärkten.

Bio, öko, fair – verloren im Siegel-Wald?

Auch für andere Branchen gibt es spezielle Bio-Siegel, etwa für kontrollierte Naturkosmetik (BDIH), artgerechte Tierhaltung mit gentechnikfreiem Futter (Neuland) oder Strom aus erneuerbaren Energien (Grüner Strom Label und OK Power). Das Magazin Öko-Test ist hingegen kein Bio-Siegel und sollte laut BUND mit Vorsicht genossen werden. Hier werden Vergleichstest etwa zum Schadstoffgehalt durchgeführt – allerdings sowohl bei Bio- als auch bei konventionellen Produkten. Viele Supermarktketten haben zudem ihre eigenen Bio-Siegel. Bei der Menge an Siegeln ist es für Verbraucher nicht immer leicht, den „Wald“, also das wirklich Ökologische zu erkennen und gezielt einzukaufen.

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Über Lucy M. Laube

Lucy M. Laube ist eine freie Journalistin und diplomierte Sozialwissenschaftlerin. Zu ihren bisherigen beruflichen Stationen zählen unter anderem Radio Bremen, Greenpeace und das Goethe-Institut. Seit Anfang 2012 schreibt sie als Redakteurin für das Artikelmagazin.