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Anthropologie:

Der Kochtopf als Meilenstein der Evolution

Kochen macht schlau! Das ist kein neuer Werbespruch des Verbands der Köche oder freche Produktpromotion der Hersteller von Kochgeschirr, sondern das ernstzunehmende Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie.

Anthropologie - Evolution der Nahrungszubereitung durch den MenschenEin Forscherteam der renommierten Harvard University untersuchte die Zusammenhänge zwischen der Veränderung und Zubereitung von Nahrungsmitteln durch Kochtechniken auf der einen Seite  und der Evolution vom Primaten zum Homo Sapiens auf der anderen.

Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich sowohl an der Veränderung körperlicher Merkmale als auch bei der Entwicklung gesellschaftlicher und kultureller Aspekte der Einfluss des Kochens spürbar bemerkbar macht.

Große Zähne für kräftige Mahlarbeit

Selbst Laien fällt es nicht schwer, das Gebiss eines Affen von dem eines Menschen zu unterscheiden. Große, kräftige Zähne und vor allem ausgeprägte Backenzähne (Molaren) zeugen beim Affen für die Kraft und Ausdauern, mit der die Nahrung zermahlen wird.

Jeder weiß, wie wichtig das gründliche Kauen von deftiger Rohkost ist, um sie um sie für die Verdauung zu zerkleinern und aufzubereiten. Doch vor ungefähr 1,9 Millionen Jahren lässt sich eine deutliche Verkleinerung des Gebisses feststellen: Der Homo erectus hatte begonnen, seine Nahrung über dem Feuer zu garen, schließen Chris Organ, Richard Wrangham, Ruth Moore und andere Kollegen von der Harvard University daraus. Auch Funde von Werkzeugen und Feuerstellen aus jener Zeit belegen diese Annahme.

Die Nahrungsaufnahme beherrschte nicht mehr den Tag

Mit der Verkleinerung des Gebisses geht gleichzeitig eine deutliche Vergrößerung der Hirnmasse vonstatten. Der kausale Zusammenhang ist leicht erklärt, meint Chris Organ. Wer seine Nahrung kocht oder brät, der braucht für das Essen nur noch einen Bruchteil der Zeit.

Das langwierige Zermahlen entfällt, weil die Nahrung weicher ist, und gleichzeitig lassen sich die Nährstoffe viel besser verwerten oder werden erst richtig nutzbar. Manches wird auch erst durch das Kochen genießbar (grüne Bohnen etwa enthalten ein Gift, das beim Kochen  zerstört wird) und kann dann den Speiseplan bereichern.

Verbringen Primaten rund die Hälfte des Tages mit der Nahrungsaufnahme, so waren es beim Homo erectus und dem Neandertaler nur noch knapp sieben Prozent. Wir verbringen heute im Schnitt noch eine Dreiviertelstunde pro Tag mit dem Essen. Wer weniger Zeit braucht, um seinen Energiebedarf durch Essen zu stillen, hat mehr Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen, zu lernen und seine Fähigkeiten zu entwickeln.

Aber Stopp: Dies ist kein Plädoyer für eine ungesunde Fast-Food-Kultur! Unser hastiges Schlingen heutzutage bringt eigene gesundheitliche Probleme hervor. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen natürlich auch der gesunde Nährwert der Nahrungsmittel und der soziale Aspekt gemeinschaftlichen und gemütlichen Essens.

Das Miteinander fördert die Evolution

Auch nicht zu vernachlässigen beim Erklären der Evolution ist die Bedeutung der gemeinsamen Mahlzeit beim Sitzen um das Feuer. Wer auf seinen Streifzügen durch die Wälder die Nahrung nebenbei fortlaufend roh zu sich nimmt, hat weniger Kontakt zu den anderen als beim Sitzen ums Feuer, dem Brutzeln der Nahrung und beim gemeinschaftlichen Essen.

Durch das Zubereiten der Nahrung kam es wohl auch zu ersten Arbeitsteilungen und zum durchdachten Miteinander: Organisieren wurde nötig, damit die einen sich um das Feuer und das Kochen kümmerten, während die anderen auf die Jagd gingen oder Beeren und Pflanzen sammelten.

Beim Kochen und gemeinsamen Essen werden soziale Beziehungen gepflegt und geschieht Meinungs- und Wissensaustausch – in der Frühzeit des Menschen ebenso wie heute!

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