Startseite / Wissenschaft / Attraktivität kann auch bei Fischen zum Nachteil werden

Zu sexy für diese Welt:

Attraktivität kann auch bei Fischen zum Nachteil werden

Zebrafischmännchen auf Brautschau - zu schön für die Zebrafisch-DamenweltAlle Männer und Damen, die sich bei der Partnerwahl ein wenig schwerer tun dürfen beruhigt sein, denn vielleicht sind diese einfach nur zu sexy und werden deshalb vom anderen Geschlecht verschmäht. Davon könnte man jedenfalls ausgehen, ließen sich die Erkenntnisse aus der Tierwelt einfach auf den Menschen übertragen. Das lassen sie sich natürlich nicht uneingeschränkt, aber dennoch sind die Ergebnisse einer Studie mit Zebrafischen hochinteressant, so werfen diese doch zumindest einige Parallelen zu den Menschen auf: Denn wer zu attraktiv ist, hat es schwer einen Partner zu finden. So sieht zumindest das Ergebnis von Studien des Berliner Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität zu Berlin aus.

Die Partnerwahl der Zebrafische

Ein Wissenschaftler-Team um die Doktorandin Silva Uusi-Heikkilä und den Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Robert Arlinghaus vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität fanden heraus, dass die Körpergröße eine maßgebliche Rolle bei der Partnerwahl unter den Zebrafischen spielt. In einem umfangreichen Versuch mit 160 Fischpaaren stellte sich heraus, dass die stattlicheren Männchen die erste Wahl unter den Weibchen darstellen. Diese bekommen mehr Eier zur Befruchtung bereitgestellt und auch die Larven, die später daraus schlüpfen sind größer und kräftiger. Der Versuch mit den Zebrafischen verdeutlichte nun erstmals, welche genaue Rolle die Körpergröße der Männchen im Fortpflanzungsverhalten innehat.

Je größer, desto besser?

Wenn es um die Fortpflanzung der Zebrafische geht, haben die Weibchen das sagen: Sie bestimmen, ob sie Eier zur Befruchtung ablegen, wie viele sie davon bereitstellen, wie oft und vor allem auch mit welchem Männchen sie das tun. Da größere Weibchen mehr Eier legen und größere Männchen über eine besonders hohe Spermaqualität verfügen, ist es naheliegend, dass sich die Weibchen auch für die größten Männchen entscheiden. Tun sie aber nicht uneingeschränkt, sondern sie wählen die zweitgrößten Männchen für ihre Befruchtung aus. Die größten Zebrafische blitzten in aller Regelmäßigkeit bei der Partnerwahl ab. Aus biologischer Sicht ist dies eine äußerst überraschende Erkenntnis. Normalerweise müssten nämlich die attraktivsten Partner den Vorzug erhalten. Entsprechend wählten die Weibchen dann erwartungsgemäß große Männchen, aber zu groß sollten sie dann doch nicht sein. Da waren die attraktivsten Fische unterm Strich dann ein wenig zu groß für die Damen.

Des Rätsels Lösung

Dass die Zebrafischweibchen die attraktivsten Partner verschmähen hat einen einfachen Grund: Die großen Männchen wissen ganz genau um ihre Attraktivität, bedrängen die Weibchen und rufen ständig zur Paarung. Dies lässt den Stresspegel der Weibchen steigen, was sowohl die Bereitwilligkeit zur Paarung als auch die Anzahl der abgelegten Eier reduziert. Für die großen, starken Männchen bringt das auch Nachteile. Denn diese werden in ihrer Fitness beeinträchtigt, wenn sie ihre hochwertige Spermienmenge aufgrund zu weniger Eier nicht voll ausnutzen können. Die Weibchen wählen daher gleich die stressfreiere Alternative und entscheiden sich für die weniger attraktiven Partner. Ob dieses sexuell motivierte Auswahlverfahren auch in der Natur Anwendung findet ist bislang unklar. Denn die monogamen Versuche im Labor lassen nicht wirklich Rückschlüsse zu, wie sich die Situation in größeren Gruppen und in freier Wildbahn darstellt.

Das Aussehen ist nicht alles

Überträgt man die Erkenntnisse aus der Tierwelt auf die Menschen, so lässt sich mit einem Augenzwinkern feststellen, dass das Äußere eben nicht alles ist. Auch das Benehmen und die Persönlichkeit, insgesamt also „die inneren Werte“ kommen zum Zuge. Und irgendwie kennt man das ja auch aus dem Alltag. Wer traut sich schon die attraktivste Person innerhalb einer Gruppe einfach mal nach einem Rendezvous zu fragen? Eben, und das ist auch der Grund, warum auch bei uns Menschen die attraktivsten Gesellen nicht selten leer ausgehen.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.