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Mikrobiom-Analyse:

Hautbakterien bei Mann und Frau verschieden

Forscher haben Unterschiede bei den Hautbakterien von Mann und Frau entdeckt. Vor allem in den tieferen Hautschichten unterscheiden sie sich.

Junge Frau liegt auf ihrem Mann im Bett.

Mikroorganismen – Männer und Frauen unterscheiden sich auch in den Bakterien die auf der Haut leben. Bild: © fotolia.de

Männer und Frauen unterscheiden sich wohl nicht nur durch den »kleinen« Unterschied. Auch die Bakterien, die auf unserer Haut leben, scheinen je nach Geschlecht verschieden zu sein. Ein großer Teil der Bakterien, die auf unserer Haut leben, befinden sich nicht an der Oberfläche, sondern in den tieferen Hautschichten. Das entdeckten Forscher des akademischen Krankenhauses UMC St Radboud in Nimwegen zusammen mit ihren Kollegen von NIZO Food Research in Ede und der Universität Wageningen. Auch stellten sie auffallende Unterschiede in der bakteriellen Zusammenstellung der tieferen Hautschichten bei Männern und Frauen fest. Ihre Publikation erschien in der Fachzeitschrift »Genome Biology«.

Mikroorganismen bevölkern unsere Haut

Auf unserer Haut befinden sich Milliarden von Mikroorganismen. Es sind vor allem Bakterien, aber auch Pilze, Viren oder Hefen. Sie formen zusammen mit der Oberhaut eine natürliche Barriere für Fremdkörper und Krankheitserreger. Diese Organismen sind mit bloßem Auge nicht erkennbar. Früher mussten Bakterien zuerst gezüchtet werden, um die Art bestimmen zu können. Weniger als ein Prozent der Bakterienarten ist jedoch überhaupt zu kultivieren. Technologische Entwicklungen auf dem Gebiet der DNA-Sequenzierung machen es jetzt möglich komplette Bakterienpopulationen zu analysieren, sogenannte Mikrobiom-Analysen.

Klebeband auf der Haut als Hilfsmittel

Wissenschaftler des UMC St Radboud-Krankenhauses untersuchten mit den neuen Techniken die Haut, um so die Vielfalt der Mikroorganismen zu bestimmen. »Wir haben von gesunden Testpersonen Hautproben genommen von Achsel, Innenseite des Ellenbogens, Stirn und Oberseite des Gesäßes – am unteren Rücken etwa in Gürtelhöhe«, sagt Patrick Zeeuwen, Forscher am »Nijmegen Centre for Molecular Life Sciences« (NCMLS) des UMC St Radboud-Krankenhauses und Hauptautor der Publikation.

»Darüber hinaus haben wir die bakterielle Zusammensetzung der tieferen Schichten der Oberhaut untersucht. Dafür klebten wir ein Stückchen Klebeband auf die Haut und zogen es dann wieder ab. Tape-Stripping-Methode nennt man das. Das macht man etwa zwanzig bis vierzig Mal hintereinander, dann ist die gesamte Oberfläche der Haut, die tote Hornschicht, abgestreift und man gelangt zum sterilen Teil. Schmerzhaft? Das ist halb so schlimm. Es fühlt sich an wie Pflaster abreißen.« Auf diese Weise wurden die Hautbakterien von sechs Männern und sechs Frauen gesammelt, um anschließend ihre DNA zu isolieren.

Erste größere Mikrobiom-Analyse in Europa

Die Daten wurden vom NIZO Food Research in Ede und dem Centre for Molecular en Biomolecular Informatics (CMBI) des UMC St Radboud-Krankenhauses analysiert. Das geschah mithilfe von DNA-Sequenzierung; eine Methode um die Reihenfolge und den Aufbau von Genen zu bestimmen. »Mit DNA-Sequenzierung kann man alle Bakterien nachweisen«, erklärt Zeeuwen. »Es sind schon vorher Studien mit gesunden Freiwilligen durchgeführt worden, um das sogenannte Mikrobiom auf der Haut zu festzustellen, aber diese Studien gingen von einer statischen Situation aus. Das Besondere unserer Forschung ist, dass wir einen dynamischen Prozess untersucht haben, nämlich eine Schädigung der Haut und die darauf folgende Regeneration. Wir sind eine der ersten Forschungsgruppen in Europa, die diese Art von groß angelegter Mikrobiom-Analyse durchführt.« Unter Mikrobiom versteht man alle den Menschen besiedelnden Mikroorganismen.

Bemerkenswerte Unterschiede zwischen Mann und Frau

Die Erwartung war, dass eine Hautschädigung das Gleichgewicht zwischen Haut und darauf lebenden Mikroorganismen stören würde. »Nach zwei Wochen untersuchten wir wieder die Haut, die dann vollständig erholt scheint und wieder aussieht wie normale Haut. Aber als wir das Mikrobiom verglichen mit dem von unbeschädigter Haut, sahen wir etwas ganz anderes: Zwei Wochen danach war die Haut noch nicht regeneriert.«

Überraschend war auch, dass die Bakterienzusammensetzung nach der Hautregeneration verändert war. Die Zusammensetzung glich mehr der Zusammensetzung in tieferen Lagen der Hornschicht. Das tatsächliche Mikrobiom der Haut befindet sich also nicht an der Oberfläche, sondern in den tieferen Schichten der Hornhaut.

Zeeuwen und seine Kollegen verglichen auch die mikrobielle Zusammensetzung der obersten Hornschicht von normaler gesunder Haut mit der in tieferen Hautschichten. Dabei fanden sie erstaunliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Zudem waren die Bakterien nicht gleichmäßig verteilt über die Hautschichten. »Wir sahen außerdem eine enorme Variation zwischen den verschiedenen Testpersonen. Das zeigte sich auch in der Produktion von körpereigenen Antibiotika. Das sind Abwehrstoffe, die durch die Hautzellen ausgeschüttet werden.«

Bakterien aus Geschlechtsorganen

»Unterschiede an der Hautoberfläche entstehen vor allem durch unterschiedliches Verhalten«, sagt Zeeuwen. »Frauen benutzen beispielsweise mehr Kosmetika. Darum haben wir auch Hautproben vom unteren Rücken genommen, wo solche Einflüsse eine weniger große Rolle spielen. Auffallenderweise fanden wir auch in den tieferen Hautschichten Bakterien aus dem Genitalbereich. Bei Frauen Bakterien aus der Vagina und bei Männern Bakterien vom Penis. Es handelte sich zwar um geringe Mengen, aber es war für uns doch überraschend.«

Die Wissenschaftler freuen sich über die Ergebnisse. »Wir hatten diese Resultate nicht erwartet. Es war schon fraglich, ob es technisch überhaupt möglich sein würde, darum sind wir stolz, dass es geglückt ist. Wir werden nun Patienten mit Hauterkrankungen wie Psoriasis, Ekzemen oder chronischen Geschwüren in unsere Forschungen einbeziehen. Dann werden wir sehen, ob das Mikrobiom sich während der Behandlung verändert und welchen Einfluss Medikamente haben. So hoffen wir, zukünftig eine maßgeschneiderte Medikation zu erhalten.«

Das »Human Microbiome Project«

Die Forschungen in Nimwegen sind dem »Human Mikrobiome Project« angeschlossen, das vor fünf Jahren in den Vereinigten Staaten auf Initiative des »National Institutes of Health« (NIH) gestartet wurde. Während dieses umfangreichen Projektes ist das menschliche Mikrobiom für sechs unterschiedliche Köperregionen dokumentiert worden: Darm, Kehle, Mund, Vagina, Haut und Lungen.

Quelle: Patrick LJM Zeeuwen et al.: Microbiome dynamics of human epidermis following skin barrier disruption. Genome Biology 2012, 13:R101, doi:10.1186/gb-2012-13-11-r101

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Über Angelika Lensen

Angelika Lensen ist gelernte Bürokauffrau und hat Betriebswirtschaft an der FH studiert. Seit 2010 arbeitet Angelika Lensen als freie Autorin und Journalistin. Neben ihrer Tätigkeit als Redakteurin beim Artikelmagazin, publiziert sie auch Beiträge für andere Online- und Printmedien mit Schwerpunkt Gesundheit, Medizin, Ernährung, Wissenschaft, Naturheilkunde.