Startseite / Wissenschaft / Medizin / Alzheimer – vielversprechende neue Immuntherapie

Antikörper:

Alzheimer – vielversprechende neue Immuntherapie

Amerikanische Forscher konnten erstmals im Tierversuch mithilfe neuer Antikörper die gefürchteten Eiweißablagerungen bei Alzheimer auflösen.

Forschung im Labor

Forscher entwickeln einen Antikörper gegen Eiweißablagerungen im Gehirn. Bild: © fotolia.de

Alzheimer-Demenz wird gekennzeichnet durch das fortschreitende Absterben der Nervenzellen im Gehirn. Ursache sind Eiweißablagerungen, sogenannte Plaques. Diese unlösbaren Plaques bestehen aus eigentlich löslichen Beta-Amyloid-Eiweißstoffen. Bisher wurden schon Versuche gemacht, diese Plaques durch Antikörper, die sich gegen das Beta-Amyloid richten, zu bekämpfen. In Tierversuchen konnte so zumindest die Neubildung von Plaques verhindert werden, aber bestehende Eiweißablagerungen konnten damit nicht entfernt werden. Den Grund dafür fanden nun amerikanische Wissenschaftler.

Neue Antikörper lösen Plaques auf

Die Forscher entwickelten einen neuen Typ von Antikörper, der sich nur an die unlöslichen Beta-Amyloid-Plaques anlagert, aber nicht an die löslichen Beta-Amyloid-Moleküle. Bei Mäusen mit Alzheimer-Erkrankung konnten so erstmals Plaques abgebaut werden. Auch traten keine schweren Nebenwirkungen wie Blutungen auf. Die Ergebnisse lassen die Chancen auf eine erfolgreiche Immuntherapie gegen Alzheimer steigen, erklären die Forscher im Fachmagazin »Neuron«.

»Unsere Erkenntnisse zeigen, dass man die Plaques wahrscheinlich mit einem Antikörper entfernen kann, der sich nur an die nicht löslichen Beta-Amyloide heftet«, meint Ronald DeMattos vom Pharmaproduzenten Eli Lilly. Die bislang getesteten Antikörper hatten Bindungsstellen, die nicht zwischen löslichen Einzelmolekülen und Ansammlungen von Beta-Amyloid-Molekülen differenzierten. Die Forscher vermuten, dass die Bindungsstellen daher schon von den löslichen Beta-Amyloid-Molekülen blockiert wurden, bevor sie sich mit den Plaques verbinden konnten. Deshalb konnten sie keine Plaques abbauen. Die Wissenschaftler haben daher nach einer Molekülstruktur gesucht, die nur in den Plaques vorkommt und für einen Antikörper erkennbar ist.

Monoklonaler Antikörper erkennt veränderte Struktur

Glücklicherweise wurden die Forscher fündig: Sie fanden in den Plaques ein Beta-Amyloid-Molekül, das anstatt aus 42 Aminosäuren nur aus 40 Aminosäuren besteht. Mithilfe von Gentechnik erzeugten die Neurowissenschaftler einen monoklonalen Antikörper, der die veränderten Strukturen erkennen konnte. Die neuen Antikörper wurden älteren Alzheimer-Mäusen mit starker Plaques-Bildung gespritzt. Die Antikörper konnten tatsächlich die Blut-Hirnschranke passieren und die Plaques äußerst effektiv entfernen. Es traten auch keine Blutungen – Mikrohämorrhagien – auf, die sich bei der Anwendung anderer Antikörper oft als riskante Nebenwirkung einstellen.

Die Wissenschaftler vermuten, dass die Beta-Amyloid-Plaques eventuell eine Reserve bilden, aus der sich kleinere Molekülgruppen oder Einzelmoleküle lösen können, die dann Hirnzellen absterben lassen. Deshalb glauben die Forscher, dass für eine erfolgreiche Behandlung diese Reserve vernichtet werden muss und es nicht ausreicht, die löslichen Beta-Amyloide außer Kraft zu setzen. Leider ist eine Früherkennung und vorbeugende Therapie von Alzheimer bislang unmöglich. Dabei bilden sich die gefährlichen Plaques schon mehr als zehn Jahre bevor die ersten Alzheimer-Symptome auftreten. Wenn die endgültige Diagnose gestellt wird, ist meist schon beinahe das maximale Ausmaß der Eiweißablagerungen erreicht. Deshalb haben wohl zukünftig solche Therapien mehr Bedeutung, die vorhandene Ablagerungen abbauen können als solche, die eine Plaque-Neubildung unterbinden.

Quelle: Ronald B. DeMattos et al.: A plaque-specific antibody clears existing β-amyloid plaques in Alzheimer‘s disease mice. doi: 10.1016/j.Neuron.2012.10.029

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Angelika Lensen

Angelika Lensen ist gelernte Bürokauffrau und hat Betriebswirtschaft an der FH studiert. Seit 2010 arbeitet Angelika Lensen als freie Autorin und Journalistin. Neben ihrer Tätigkeit als Redakteurin beim Artikelmagazin, publiziert sie auch Beiträge für andere Online- und Printmedien mit Schwerpunkt Gesundheit, Medizin, Ernährung, Wissenschaft, Naturheilkunde.