Startseite / Wissenschaft / Medizin / Durchbruch in der Krebstherapie

Antipsychotika:

Durchbruch in der Krebstherapie

Wissenschaftler entdeckten bei alten Antipsychotika eine ganz neue Wirkung: Sie ließen die Krebszellen eines Lymphoms einfach absterben.

Mediziner hält einige Medikamentenblister in seinen Händen.

Krebstherapie: Antipsychotika wirken offensichtlich auch gegen Krebszellen. Bild: © fotolia.de

Wie das Helmholtz Zentrum München meldet, ist dortigen Wissenschaftlern zusammen mit ihren Kooperationspartnern ein Durchbruch in der Krebsforschung gelungen. Bei der Untersuchung von Medikamenten, die bereits seit den 1950er Jahren gegen psychotische Störungen eingesetzt werden, konnte man eine neue unerwartete Wirkung feststellen. Die Arzneimittel ließen kranke Zellen bei einer aggressiven Form des Lymphdrüsenkrebs einfach absterben. Der Ansatz einer neuen Behandlung erschien in der Dezember-Ausgabe des wissenschaftlichen Fachmagazins „Cancer Cell“.

Das Enzym MALT1 wird gehemmt

Die Antipsychotika Mepazin und Thioridazin werden seit mehr als 60 Jahren zur Behandlung psychischer Erkrankungen eingesetzt. Wie Forscher des Helmholtz Zentrums in München jüngst feststellten, hemmen die Arzneimittel auch ein Enzym mit dem Namen MALT1. Dadurch entfalten die Medikamente eine spezielle Antitumorwirkung, die bestimmte Krebszellen  angreift und zerstört. Bei dem betreffenden Krebs handelt es sich um das sogenannte „diffus großzellige B-Zell-Lymphom“, eine der häufigsten Krebserkrankungen der Lymphdrüsen. Entsprechend besteht auch ein dringender klinischer Bedarf an einem neuen Medikament, das Dr. Daniel Krappmann, Leiter der Abteilung Zelluläre Signalintegration am Institut für Molekulare Toxikologie und Pharmakologie, und sein Team nun entdeckt haben.

Antipsychotika sind erste Wahl zur Behandlung

Erstautor der Studie Daniel Nagel vom Helmholtz Zentrum München testete rund 18.000 Substanzen auf ihre Fähigkeit, das Enzym MALT1 zu hemmen. Unter allen in Frage kommenden Wirkstoffen waren Mepazin und Thioridazin die beiden Kandidaten, die die beste Wirkung entfalten konnten. Wie erste Tests zeigten, konnten die beiden Antipsychotika das Absterben der Tumorzellen auslösen. Für Patienten, die an dem speziellen Lymphdrüsenkrebs erkrankt sind, entsteht eine vielversprechende Möglichkeit, die Krebszellen gezielt ausschalten zu können. Ein besonderer Vorteil dabei ist zudem, dass sich die Wirkstoffe bereits seit Jahren im Einsatz befinden. Entsprechend sind viele Nebenwirkungen bereits untersucht und neue klinische Studien können schneller eingeleitet werden. Dr. Krappmann gibt jedoch zu bedenken, dass es noch ein weiter Weg zu einem neuen, wirksamen Behandlungskonzept sei. Zunächst müssen sich die positiven Effekte auch an den Patienten bewähren und sollte dies der Fall sein, so wird man an der Entwicklung eines MALT1-Hemmstoffes arbeiten, der nicht mit einer antipsychotischen Wirkung verknüpft sein wird.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.