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Wirkstoff Neuropeptid S:

Nasenspray hilft gegen Panikattacken

Der Wirkstoff Neuropeptid S – der im Nasenspray vorkommt, zeigt auch Wirkung gegen Panikattacken. Das fanden jetzt Forscher des Max-Planck-Instituts heraus.

Neuropeptid S im Nasenspray hilft bei Panikattacken.

Panikattacken können in Zukunft mit Neuropeptid S aus dem Nasenspray bekämpt werden. Bild: © fotolia.de

Wie Forscher des Max-Planck-Institutes in jüngsten Experimenten zeigten, kann die angstlösende Substanz Neuropeptid S – kurz NPS – über die Nasenschleimhaut auf das Gehirn wirken. Die Ergebnisse sind insofern besonders hoch einzuschätzen, weil es Substanzen, die im Gehirn wirken sollen, besonders schwer haben ihren Zielort zu erreichen. Mit dem Neuropeptid S könnte nun aber ein effektives neues Mittel gegen Ängste und Panikattacken entstehen, das unproblematisch und schnell wirken kann.

Die Studie im Überblick

In einer Reihe von Experimenten verabreichten die Forscher des Max-Planck-Institutes für Psychiatrie den Wirkstoff Neuropeptid S über die Nasenschleimhaut von Mäusen. Schon vier Stunden nach der Verabreichung zeigten die Versuchstiere deutlich weniger Angst. Untermauert wurde die Beobachtung von der Messung der Nervenzellenaktivität. So zeigte sich nach Gabe des Wirkstoffes eine veränderte Aktivität im Hippocampus, dem Teil des Gehirns, der für das Lernen und das Gedächtnis verantwortlich ist. Die Aufnahme des Neuropeptid S erfolgte über bestimmte Rezeptoren, die den Wirkstoff in geringen Mengen bereits nach 30 Minuten im Gehirn verfügbar machten. Die volle angstlösende Wirkung entfaltete sich dann nach vier Stunden.

Hoffnung auf ein wirkungsvolles neues Medikament

Blut-Hirn-Schranke:
Die Blut-Hirn-Schranke ist eine Art physische Barriere, die das Gehirn vom übrigen Blutkreislauf abtrennt. Die Schranke funktioniert als Filter und verhindert das Eindringen von Krankheitserregern, Giften und bestimmten Botenstoffen in das zentrale Nervensystem. Was bei natürlichen Vorgängen eine sehr nützliche Schutzfunktion darstellt, kann bei der Entwicklung von Psychopharmaka entsprechend zum Hindernis werden. Denn damit Medikamente effektiv im zentralen Nervensystem wirken können, muss die Blut-Hirn-Schranke passiert werden.

Der genaue Wirkmechanismus des Neuropeptid S ist weiter unklar, jedoch vermuten die Forscher, dass die Substanz dämpfend auf bestimmte Reize im Emotionszentrum wirkt. Als Folge wird weniger Angst empfunden. Die Psychiaterin Ulrike Schmidt zog Bilanz aus den Versuchen und betonte, dass die Erkenntnisse den Weg für ein neues Medikament gegen Angststörungen eröffnen können. Und dieses Medikament wäre ein echter Segen für Angstpatienten. Denn die schnelle und direkte Wirkung über die Nasenschleimhaut ermöglicht den Patienten eine akute Behandlung der Symptome.

Die Vorteile von Sprays gegen Panikattacken

Das bisherige Problem von Medikamenten, die im Gehirn wirken sollen, war die schwere Erreichbarkeit ihres Ziels. So müssen Wirkstoffe wie Tabletten zunächst durch den Magen und Darm in den Blutkreislauf, über die Leber und durch die Blut-Hirn-Schranke hindurch, bis sie endlich am Zielort wirken können. Die Probleme, die auf diesem Weg entstehen, können dann vielfältig sein. Zum einen entstehen unerwünschte Nebenwirkungen, die dem Nutzen der Medikamente entgegenstehen und zum anderen können die Wirkstoffe abgeschwächt beziehungsweise verändert oder komplett zerstört werden, bevor sie das Gehirn erreichen. Genau dieses letzte Problem bestand bei dem Neuropeptid S. Zwar war schon länger bekannt, dass der Wirkstoff Ängste lösen kann, jedoch hätte die Substanz direkt in das Gehirn gespritzt werden müssen, um ihre Wirkung vollständig zu entfalten. Das wäre den Patienten nicht zuzumuten gewesen, doch die unkomplizierte Aufnahme über die Nasenschleimhaut, macht die Substanz nun wieder attraktiv für den breitflächigen Einsatz.

Ängstlichkeit lässt sich verlernen

Bereits im Jahre 2008 fanden Wissenschaftler der Universitätsklinik Münster einen Zusammenhang zwischen der Aminosäureverbindung Neuropeptid S und dem Erinnerungsvermögen von Angst und Furcht. Schon damals wurde nachweislich bei Mäusen festgestellt, dass die Substanz am Verlernen von Angsterlebnissen beteiligt ist und einen enormen Einfluss auf die betreffenden Hirnregionen nimmt. Die Injektion beim Menschen war zu jenem Zeitpunkt aber undenkbar für die Forscher, doch haben die neuen Erkenntnisse des Max-Planck-Institutes die Karten neu gemischt und machen ein wirkungsvolles Medikament gegen akute Angstzustände sehr wahrscheinlich.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.