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Schmerztherapie:

Wenn die kleine OP große Schmerzen bereitet

Kleiner Eingriff, große Wirkung? Leider auch bei Schmerzen. Denn laut einer Studie ist die Schmerzbehandlung nach Operationen oft unzureichend.

Schmerzbehandlung - Krankenschwester stellt eine Infusion ein.

Bei kleineren Eingriffen im Krankenhaus, wird die Schmerzbehandlung oftmals vernachlässigt. Bild: © fotolia.de

In dem Fachblatt „Anesthesiology“ wurde eine Studie veröffentlicht, der mehr als 50.000 Patientendaten aus 105 deutschen Krankenhäusern zu Grunde lagen und das Ergebnis war überraschend: Kleine und häufige Operationen, wie das Entfernen des Blinddarms oder der Mandeln, verursachen häufig größere Schmerzen als ein großer Eingriff, wie bei Magen-, Lungen- oder Prostataoperationen. Laut Autoren der Studie spräche dies für eine unzureichende schmerztherapeutische Versorgung nach kleineren OPs.

Akutschmerzprojekt QUIPS

Die beiden Hauptautoren der Studie, die Anästhesisten Hans Gerbershagen aus Utrecht und Winfried Meißner aus Jena, griffen für Ihre Untersuchung auf umfangreiche Daten des Akutschmerzprojektes QUIPS zurück. Das Projekt an der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Uniklinikums Jena (UKJ) verfügt mittlerweile über 260.000 Daten von Patientenbefragungen aus mehr als 160 deutschsprachigen Kliniken. In die aktuelle Untersuchung flossen Daten aus 100.000 Fällen mit ein. Diese wurden nach 179 Operationen mit mindestens 20 Patienten unterteilt, wonach 50.500 Fälle für die Auswertung übrig blieben. Die Daten spiegeln den Alltag an 105 deutschen Kliniken wider und demonstrieren, wie erfolgreich eine Schmerztherapie nach der Operation sein kann. Im Gegenzug zeige sich aber auch, dass gerade bei kleinen Operationen die Schmerzbehandlung oft vernachlässigt würde.

Orthopädische Eingriffe sind oft mit Schmerzen verbunden

Die Frage, warum kleinere Eingriffe so schmerzhaft sein können, lässt sich relativ leicht beantworten. Besonders bei Blinddarm- oder Mandeloperationen ist häufig eine Entzündung mit im Spiel, die starke Schmerzen verursachen kann. Bei anderen Operationen werden hingegen nicht immer die Leitlinien der empfohlenen Methoden befolgt, so zum Beispiel bei der zusätzlichen örtlichen Betäubung orthopädischer Eingriffe. Ein solches Regionalanalgesieverfahren wird bislang nur in 16% aller Fälle eingesetzt. „Vielleicht deshalb, weil dazu Schmerzteams notwendig sind, die in manchen Krankenhäusern immer noch für überflüssig gehalten werden“, vermutet Winfried Meißner. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung zeigte, dass Patienten, die mit diesem Verfahren behandelt wurden über weniger Schmerzen klagten als bei der Verabreichung von Schmerzmitteln. Auch sogenannte Schlüsselloch-OPs, also minimalinvasive Eingriffe mit endoskopischer Technik, hatten weniger Schmerzen zur folge als offene Operationen. Auffällig dabei war zudem, dass sich die zusätzliche örtliche Betäubung auch bei größeren Operationen mit Narkose durchgesetzt hat und entsprechend weniger Schmerzen nach der OP die Folge sind.

Patienten sollen bei der OP-Planung nachhaken

Zusätzlich zu den Ergebnissen der Studie geben die Forscher betroffenen Patienten auch konkreten Rat. Entsprechend solle man sich vor einer planbaren Operation genau erkundigen, „ob ein Akutschmerzdienst und lokale Schmerztherapieverfahren angeboten werden, ob alle Mitarbeiter mit den modernen Methoden der Schmerzlinderung vertraut sind, und ob die Operation in minimalinvasiver Technik durchführbar ist“, so die Wissenschaftler.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.