Startseite / Wissenschaft / Medizin / Wissenschaftler auf den Spuren der Killerviren

Virenforschung:

Wissenschaftler auf den Spuren der Killerviren

Nur wenige Wissenschaftler haben Zutritt zu dem Hochsicherheitstrakt an der Philipps-Universität im mittelhessischen Marburg. Denn hier wohnen die Killerviren.

Biolaboranntinnen arbeiten in Schutzanzügen im BSL 4-Labor der Uni Marbung.

Killerviren und Bakterien – Forschung im Hochsicherheitstrakt BSL 4-Labor der Uni Marburg. Bild: © picture-alliance/ dpa

Wenn vom Hochsicherheitstrakt die Rede ist, dann denken viele Ältere wohl an das Gefängnis in Stuttgart-Stammheim, in dem in den 1970er Jahren den Terroristen Baader, Meinhoff und ihrem Gefolge der Prozess gemacht wurde. Andere mögen damit eine Vorstellung von einem Atombunker entwickeln, in den keine gefährlichen Strahlen eindringen können. Der Hochsicherheitstrakt BSL 4-Labor an der Philipps-Universität in Marburg ist so etwas in der Art, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Aus ihm darf nichts herausdringen, denn das wäre lebensgefährlich. Die Schlagzeile dazu ist nachgerade  reißerisch: „Forschung – Killerviren im Hochsicherheitstrakt“.

Forschung auf gefährlichen Pfaden

In der Tat ist die eigentlich auch heute noch beschaulich wirkende Philipps-Universität in Marburg schon immer ein Zentrum der Virenforschung gewesen. Was aber im Dezember 2007 hier eingeweiht, also nunmehr fünf Jahre alt geworden ist, das ist Forschung auf gefährlichen Pfaden. Denn hier werden tödliche und hoch ansteckende Viren aus den Tropen untersucht – das „Marburg“- und das „Ebola“-Virus beispielsweise, um neuere Diagnose- und Therapiemethoden zu entwickeln. Nur 16 Wissenschaftler in Vollschutzanzügen haben Zutritt zum Labor, jeweils zur gegenseitigen Absicherung in Zweiergruppen. Sie arbeiten in einem Gebäude, dessen Außenhaut keine Schüsse durchlässt. Der innere Edelstahlkorpus ist auf eine Teflondichtung geschraubt. Kein noch so kleines Viruspartikel soll durch Ritzen entkommen können. Zusätzlich verhindert Unterdruck im Labor, dass Luft nach außen dringt. Die hier arbeitenden Wissenschaftler haben am Virologischen Institut der Universität über Jahre hinweg ihre Zuverlässigkeit, Genauigkeit in der Arbeit – und Gelassenheit bewiesen. Polizeiliches Führungszeugnis und Fitnessprüfungen bescheinigen, dass man ihnen diese Arbeit zutrauen und zumuten kann.

Ein unbekanntes fadenförmiges Virus

Angefangen hatte eigentlich alles bereits 1967, also vor 45 Jahren. Auf einer Isolierstation der  Marburger Klinik kämpfen die Ärzte um das Leben eines Laboranten der Behring-Werke. Er ist von einem unbekannten Erreger befallen, nachdem er mit Grünen Meerkatzen aus Uganda gearbeitet hatte, um an den Affen Impfstoffe zu prüfen. Der Laborant verblutet, tags drauf ein zweiter. Der Erreger wird schließlich sichtbar gemacht. Es ist ein völlig unbekanntes, fadenförmiges Virus, das Milz und Leber  zerfrisst – und seitdem den Namen „Marburg-Virus“ trägt. Damit war der erste Anstoß gegeben für Virenforschung auf höchstem wissenschaftlichem Niveau, für den Kampf gegen die gefährlichsten Viren, vor allem aus Afrika, gegen die es bei einer Infektion noch keine Impfung, keine Therapie gibt. Die im menschlichen Körper eine Zelle „entern“, sich vermehren und, wie die Forscher sagen, „eine Art Rolltreppe“ zur nächsten Zelle bauen, um ihr zerstörerisches Werk zu beginnen.

Eine Virologin, angesprochen auf ihre gefahrvolle Marburger Fahndungsarbeit hinter den Viren her, sagt lachend: »Ich bin nirgends so sicher wie da drin – nach Afrika zu reisen, ist viel gefährlicher«.

© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten

Über Klaus J. Schwehn

Nach 25 Jahren spannender Tätigkeit als Parlamentskorrespondent in Bonn (Badische Zeitung, Die Welt, Berliner Tagesspiegel) lebe ich heute in Oberitalien. Meine Arbeitsschwerpunkte sind Politik und Gesellschaft in Italien und Deutschland; aber auch Fragen der Europäischen Union.