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Macht uns die Navigation orientierungslos?

Mobile Navigationssysteme schienen die Erhörung sämtlicher Stoßgebete von Landkartenlegasthenikern zu sein. Dementsprechend triumphal und flächendeckend hielten die kleinen Routenflüsterer auch Einzug in die automobile Welt.

Autofahren: Orientierung mit NavigationDoch bei aller Erleichterung, die diese Geräte seither scheinbar gebracht haben, wird erst jetzt deutlich, welche Gefahren das blinde Vertrauen in Tomtom & Co. für die Aktivität im Oberstübchen mit sich bringt. Denn es hat sich inzwischen herausgestellt, dass der gewohnheitsmäßige Gebrauch des Navis dazu führt, dass sich das Orientierungsvermögen ganz eklatant verschlechtert. Muss man aber deswegen gleich wieder einen Sprung in die Steinzeit der Routenplanung machen?

Warum macht das Navi dumm?

Regelmäßigen Lesern der „Apotheken Umschau“ fällt die fachkundige Beantwortung dieser Frage nicht schwer. Denn in diesem nicht selten stark unterschätzten Gesundheitsratgeber kam Dr. Stefan Münzer zu Wort, seines Zeichens Diplompsychologe an der Universität des Saarlandes. Seine akademische Ausbildung ließ ihn darüber nachdenken, wie sich eine kognitive Funktion entwickelt, die im Alltag von jetzt auf gleich selten bis gar nicht mehr gefordert wird.

Das nicht wirklich überraschende Ergebnis: Ein Orientierungsvermögen, das nicht mehr aktiv abgerufen wird, schafft sich sozusagen selbst ab. Wie Dr. Münzer in seinen Ausführungen überzeugend darlegt, ist das Erkunden und Finden eines neuen Weges eine sehr komplexe kognitive Aufgabe, die den gesamten Denkapparat fordert. Sozusagen eine Art des Gehirnjoggings für Fortgeschrittene. Stellt man nun, bildlich gesprochen, das regelmäßige „Straßentraining“ ein, dann verkümmert jener „Gehirnmuskel“, der bis dahin durch die Routensuche fit und auf Trab gehalten wurde.

Orientierungslos - fahren nach StadtplanDenn auch im Hirn gilt: Wer rastet, der rostet. Und wenn das Navi dann mal mitten im Nirgendwo seinen Dienst quittiert, dann steht man buchstäblich im Wald. Und kommt dort aus eigener mentaler Kraft auch so schnell nicht mehr raus.

Wie kann man dem mentalen Einrosten vorbeugen?

Das Navi ist sicher eine sinnvolle Erfindung. Doch man sollte dem kleinen Kasten nicht erlauben, die volle Orientierungskontrolle an sich zu reißen. Schließlich will man sich ja auch sonst im Leben nicht dauern vorschreiben lassen, wo es lang geht. Darum gilt: Das Navi ab und dann einfach mal nicht einschalten, und stattdessen die kleinen grauen Zellen zum Tanz der Neuronen und Synapsen bitten. Dazu gibt es eine einfache, aber wirksame Übung, die außerdem noch Spaß macht.

Fahren nach Gedächtnis

Dazu braucht man eine Stadt, in der man fremd ist, und den passenden Stadtplan dazu. Nun wählt man zufällig eine Straße aus und studiert auf dem Stadtplan, wo diese Straße liegt und wie der Weg dorthin verläuft. Dazu darf man sich gerne ausgiebig Zeit lassen. Danach lässt man die Karte Karte sein, und die Fahrt durch die fremde Stadt geht los. Gewonnen hat man, wenn man seinen Zielort einzig und allein mit dem Zugriff auf sein Gedächtnis gefunden hat. Den berechtigten Stolz, das aus eigener Kraft geschafft zu haben, gibt’s gratis dazu.

Selbstverständlich ist diese Übung auch für Fußgänger bestens geeignet. Denn auch auf Schusters Rappen will man ja sein Ziel ohne Umwege erreichen können. Es ist durchaus eine Überlegung wert, hier mal einen Urlaubstag in einer fremden Stadt dazu zu nutzen, Gehirn- und Muskelzellen gleichermaßen freundlich zu stimulieren.

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