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Acetylcholinrezeptoren:

Nikotin als natürlicher Appetitzügler?

Rauchen - Nikotin als AppetitzüglerNicht wenige Menschen rauchen nur deshalb, weil sie endlich abzunehmen wollen, oder weil sie ihre bereits bestehende schlanke Silhouette gegen die ständig lauernden fetten Anfeindungen aus dem Kühlschrank verteidigen möchten. Dabei hat auch der Umkehrschluss eine durchaus gewichtige Alltags- und Praxisrelevanz: Wer mit dem Rauchen aufhört, sattelt als neugeborener Nichtraucher in aller Regel das eine oder andere Pölsterchen drauf. Diese Nebenwirkung hält verständlicher Weise viele Freunde des blauen Dunstes davon ab, sich ihr gefährliches Laster endlich abzugewöhnen. Doch wie hängt der Tabakgenuss, und damit der Nikotinkonsum, eigentlich mit dem Verlauf der Gewichtskurve zusammen? Welche verschlankenden Mechanismen löst Nikotin im Körper aus? Und könnte aus diesen Fragen, die ein wissenschaftliches Forscherteam inzwischen einleuchtend beantwortet hat, ein „Wundermedikament“ entstehen, dass einerseits die Pfunde zum Purzeln bringt und andererseits aus schlanken Rauchern schlank bleibende Nichtraucher macht?

Wie das Nikotin mit dem Körper kommuniziert

Für die körperinterne Kommunikation ist, unter anderem, das Nervensystem zuständig. Dabei arbeiten die Rezeptoren und Synapsen, je nach Aufgabengebiet und Funktion, mit unterschiedlichen Neurotransmittern. Einer dieser Neurotransmitter ist das Acetylcholin (ACh); seine Wirkungsorte sind dementsprechend die Acetylcholinrezeptoren. Nun fügt es sich, Zufall oder auch nicht, dass auch das Nikotin, welches dem Acetylcholin chemisch täuschend ähnlich sieht, diese Rezeptoren ebenfalls zu aktivieren vermag. Darum sprechen Neurophysiologen hier auch von nikotinischen Acetylcholinrezeptoren bzw. von Nikotinrezeptoren. Und damit leuchtet es auch unmittelbar ein, warum das Inhalieren von Tabaksrauch den Menschen auf so vielfältige Weise beeinflusst und natürlich auch körperlich abhängig macht. Denn die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren steuern von Kopf bis Fuß zahlreiche wesentliche lebenswichtige Abläufe.

Kopfhunger

Natürlich finden sich auch im menschlichen Gehirn gut untersuchte Areale, die mit Nikotinrezeptoren arbeiten. Dazu zählen auch Neuronengruppen im Hypothalamus. Und zwar ausgerechnet jene Nervenzellencluster, die dem Körper sagen, ob er Hunger zu verspüren hat oder nicht. Wenn bei diesen Zellen Nikotin anklopft, dann wird das Gefühl „Ich bin satt und habe keinen Hunger“ ausgelöst. Egal, ob dieses Gefühl den körperlichen Tatsachen entspricht oder nicht. Genau darum essen Raucher auch weniger und haben insoweit einen ganz natürlichen Abnehm-Bonus. Wird dem Glimmstängel dann irgendwann doch abgeschworen, kommt natürlich auch kein Nikotin mehr im Hypothalamus an. Die Hungersensoren arbeiten dann wieder normal. Dann kommt der Appetit beim Essen und mit ihm das bislang auf Nervenbasis verhinderte Hüftgold. Diesen schwerwiegenden Zusammenhang hat die US-amerikanische Forschergruppe um Dr. Marina Picciotto (Yale University, New Haven, Connecticut) jetzt aufgedeckt. Damit rücken die so genannten POMC-Zellen (Proopiomelanocortin-Zellen) des Hypothalamus in den Fokus der Übergewichtsbehandlung und Übergewichtsprophylaxe.

Nikotinpillen zum Abnehmen?

Da Nikotin also offensichtlich und nachgewiesener Maßen das Sättigungsgefühl in gewichtsgünstiger Form manipuliert, läge es nahe, ein Medikament zu entwickeln, das künftigen Nichtrauchern das Schlankbleiben ermöglicht, und Abnehmwilligen zum schlank werden verhilft. Das wird derzeit von den forschenden Pharmaunternehmen natürlich auch sorgfältig erwogen. Doch Pfundsmenschen, die Nichtraucher sind, könnten möglicherweise schon jetzt von den dargestellten wissenschaftlichen Ergebnissen direkt profitieren. Dazu müsste man es allerdings mutig wagen, mit einem Nikotinpflaster der geringsten Dosierung Selbstversuche anzustellen. Und dabei sehr genau zu beobachten und zu dokumentieren, ob und wie der Körper darauf reagiert. Sollte einem dabei dann der Appetit gründlich vergehen – umso besser.

Weiterführende Links zum Thema:

Nicotine Triggered Appetite Suppression Site Identified in Brain
http://www.sciencedaily.com/releases/2011/06/110609151535.htm

Nicotinic Receptors in the Brain: Links between Molecular Biology and Behavior
http://www.nature.com/npp/journal/v22/n5/full/1395470a.html

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