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Auszeit am Arbeitsplatz:

Die stille Stunde im Büro

Im Büro einfach mal eine Auszeit nehmen? Laut neuesten Erkenntnissen ist dies wichtig und fördert die Produktivität und das Wohlbefinden.

Mann hat seine Füße mit unterschiedlichen Schuhen auf dem Schreibtisch.

Auszeit: Einfach mal 1 Stunde die Arbeit liegen lassen und nichts tun, dies fördert die Produktivität. Bild: © fotolia.de

Im Büro die Beine hochlegen und gar nichts mehr zu tun ist mit der „Stillen Stunde“ natürlich nicht gemeint, doch sollte man Handy, Mails und sonstige Störfaktoren für eine gewisse Zeit einfach einmal aus dem Büro sperren. Das steigert die Qualität der Arbeit insgesamt merklich und kommt auch dem eigenen Wohlbefinden zu Gute. So lautet zumindest das Ergebnis einer Studie von Cornelius König, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes. Die Ergebnisse seiner Untersuchung wurden jüngst im Fachjournal „European Review of Applied Psychology“ veröffentlicht.

Disziplin am Arbeitsplatz

Obwohl die meisten ganz genau wissen, wie sich am besten am Arbeitsplatz verhalten sollten, fällt dies leider nicht immer ganz leicht. Professor König vergleicht die Disziplin am Arbeitsplatz daher zunächst mit der Ernährung: Fast jeder weiß, dass es gesünder wäre Obst und Gemüse zu verzehren, dennoch sind es die Schokoriegel und Kartoffelchips, die die Menschen häufig bei ihrem kleinen Hunger zwischendurch oder am Abend auf dem Sofa begleiten. Im Büro ist das ähnlich. Ständig klingelt das Telefon, dann blinkt auch noch der Posteingang des E-Mail-Faches und kaum hat man derartige Anfragen bewältigt, steht auch schon der Chef in der Tür und verlangt einen aktuellen Bericht oder ähnliches, um auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Für den Arbeitnehmer ist das nervend, zeitraubend und störend, wobei die Kernarbeit aufgrund der Ablenkungen nicht selten liegen bleibt.

Einfache Lösung für ein schwerwiegendes Problem

Die Störungen und Unterbrechungen der eigentlichen Arbeit gehören zum Alltag von millionen Büroangestellten, die sich der Situation Tag für Tag ausgesetzt sehen. Anspruchsvolle Arbeiten, wissenschaftliche Aufsätze, konzentrierte Projektplanung oder auch Projektberichte sind unter den erschwerenden Umständen oftmals nur noch schwierig abzuarbeiten. Doch im Grunde könnte die Lösung so einfach sein: „Bereits eine Stunde konzentrierte Arbeit ohne Unterbrechung von Mails, Telefon und Kollegen steigert die Qualität von und die Zufriedenheit mit anspruchsvollen Arbeiten deutlich“, erklärt Dr. König. Und das ist nicht nur eine Behauptung, sondern das Ergebnis einer zwei Wochen dauernden Tagebuch-Untersuchung, die mit Hilfe von 27 Managern durchgeführt wurde. Die Studienteilnehmer sollten den Tag in einem Tagebuch festhalten und ihre Leistung selbst einschätzen, wenn sie während ihrer Arbeit eine Stunde lang völlig auf den Kontakt zur Außenwelt verzichteten. Das Ergebnis dabei war eindeutig: Die Manager schätzten ihre Leistung nicht nur während der stillen Stunde deutlich besser ein, sondern gaben zudem an, dass der gesamte Arbeitstag als zufriedenstellender wahrgenommen wurde. Auf eine Nachfrage nach drei Monaten, hatten die meisten der Manager die stille Stunde beibehalten und bewerteten diese nach wie vor als positiv. Dank der Auszeit im Büro gehen viele der Teilnehmer mit dem Gefühl nach Hause, dass sie wichtige Aufgaben erledigt haben, die ohne die stille Stunde liegen geblieben wären.

Klingt einfacher als es tatsächlich ist

Eine Stunde im Büro freihalten und sich von allem abschotten? Das klingt einfacher als es im Alltag umzusetzen ist, räumt Professor König ein. Vielmehr sei es eine große Herausforderung, bei der der Angestellte viel Selbstdisziplin mitbringen muss, um die stille Stunde auch konsequent auszunutzen. Ferner müsse die kleine Auszeit auch von den Vorgesetzten aktiv unterstützt werden. In Hinblick auf die Leistungssteigerung der Arbeitnehmer sollte dies jedoch eher eine geringe Hürde darstellen. Auch wenn die Auszeit „stille Stunde“ genannt wird, ist es im Übrigen aber unwichtig, ob es sich dabei tatsächlich um eine Stunde handelt, eine halbe oder sogar einen ganzen Vormittag einmal in der Woche. Wichtig sei nur, dass man sich auch wirklich konsequent die Ruhe nimmt.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.