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Auf der Suche nach der Realität...

Realismus: Eine Frage des Blickwinkels – Realitätsvorstellungen

Sinnestäuschung: Die Schöne und das Biest - Realität oder Täuschung?„Bleib doch mal realistisch!“ Das hat sicherlich jeder schon einmal gehört, aber was soll das eigentlich genau bedeuten? Dass man der Realität entsprechend denkt und handelt? Natürlich, aber wie soll das denn aussehen? Hätten Sie eine Antwort darauf, was die Realität ist? Wahrscheinlich nicht, weil es gar keine so eindeutige Antwort gibt. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Theorien, wie sich die Außenwelt um unser Bewusstsein herum gestalten könnte. Hier sind ein paar der interessanten davon.

Der naive Realismus

Beim naiven Realismus spricht man von genau einer Realität, die genauso existiert, wie wir sie mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen. Alles, was wir sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken – das ist auch real. Wir nehmen zu jeder Zeit also ein exaktes Abbild der Realität wahr, die Welt ist so, wie sie ist. Aber reicht das wirklich aus? Was ist mit Freiheit zum Beispiel? Kann man sie sehen, riechen, schmecken, fühlen oder gar hören? Mit Fortschreiten der Wissenschaft und den dadurch entstanden Widersprüchen zu dieser Theorie, wurde der naive Realismus von sehr vielen Philosophen wieder verworfen, wobei wohl ein Großteil der Menschheit unwissentlich diese Position tagtäglich praktiziert.

Der kritische Realismus

Vertreter des kritischen Realismus betrachten die Außenwelt dem Namen entsprechend ein wenig kritischer und gehen davon aus, dass durch die Sinneseindrücke alleine kein Zugang zur Wirklichkeit möglich ist. Ebenso wie im naiven Realismus wird allerdings auch vorausgesetzt, dass eine äußere Welt unabhängig vom menschlichen Denken existiert. Die sinnlichen Eindrücke bilden dabei nur einen indirekten Weg zur Wirklichkeit, der über den Intellekt erschlossen wird und letztlich zur Auffassung der physischen Realität führt.

Der hypothetische Realismus

Eine interessante Variante des kritischen Realismus ist der hypothetische Realismus. Auch hier ist der Name wieder Programm, weil die Frage nach dem Realismus laut Theorie überhaupt nicht gelöst werden kann, sondern lediglich als Hypothese formuliert wird, die sich jederzeit als falsch herausstellen könnte. Dabei werden die Annahmen des naiven Realismus ansatzweise vertreten, aber deutlich abgeschwächt. Der hypothetische Realismus geht daher von mindestens einer Realität aus, die unabhängig vom Menschen existiert. Diese Realität hat eine Struktur, in der ein objektives Ursache-Wirkungs-Prinzip existiert. Und die Struktur kann letztlich zumindest teilweise erkannt werden.

Radikaler Konstruktivismus

Der Konstruktivismus hat ebenso wie der Realismus mehrere Strömungen. Der Einfachheit halber soll hier die radikalste Form Pate stehen. Radikale Konstruktivisten vertreten nämlich die Ansicht, dass es überhaupt keine objektive Realität gibt. Vielmehr konstruiert sich jeder Mensch seine eigene Realität aus Sinnesreizen und dem Gedächtnis beziehungsweise Wissen, wobei die Wahrnehmung niemals ein Abbild der Realität ergibt, sondern immer ein subjektives Konstrukt erzeugt. Letztendlich ist es in der radikal, konstruktivistischen Sicht unmöglich, die Realität, wie sie wirklich ist, jemals wahrnehmen zu können.

Nur die Spitze des Eisberges

In hunderten Jahren der Überlegungen und Diskussionen zwischen verschiedenen Philosophen und deren unterschiedlichen Schulen haben sich eine Menge Theorien zur Realität und deren Wahrnehmung angesammelt. Viele wurden mit handfesten Argumenten relativ zügig widerlegt, manche durch das Fortschreiten der Wissenschaft entkräftet und so einige haben sich bis heute gehalten. Das einzige, was man dabei sicher behaupten kann ist, dass es keine Antwort auf die Frage nach der Realität gibt, die objektiv als absolut wahr angesehen werden kann. Die beschriebenen Theorien sollen insofern nur Ansatz oder auch Antrieb sein, sich mit der Frage nach der Realität auch einmal selbst zu beschäftigen. Denn welcher Theorie man auch immer glauben schenken mag, ist das Thema rund um den Schein und das Sein zwar durchaus ein komplexes, aber auch ebenso interessantes, das bei genauerer Betrachtung vermeintlich selbstverständlicher Dinge den persönlichen Blickwinkel ganz schön verdrehen kann. Viel Spaß beim Grübeln.

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