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Transparente Atome:

Wissenschaftler machen Eisen durchsichtig

Eisen wird durchsichtigEinem Wissenschaftler-Team um Dr. Ralf Röhlsberger ist es gelungen Atomkerne mit Hilfe von Röntgenstrahlen durchsichtig zu machen. Wie der renommierte Wissenschaftsjournal „Nature“ (DOI: 10.1038/nature10741)  in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, könne den Wissenschaftlern damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu den Quantencomputern gelungen sein. Denn neben dem Effekt, die Eisenatome durchsichtig zu machen, konnten die Wissenschaftler sowohl die Intensität als auch die Geschwindigkeit des Lichts reduzieren. Mit dieser Erkenntnis könnten künftig optisch gesteuerte Schalter hergestellt werden, was in neuartigen Quantencomputern die Speicherung von Informationen auf Licht ermöglichen könnte, wobei die zu erwartende hohe Arbeitstemperatur der Rechner durch die Verringerung der Lichtintensität ebenso geringer gehalten werden könnte.

Experiment am DESY in Hamburg

DESY ist die Abkürzung für „Deutsches Elektronen-Synchrotron“. Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Einrichtung, welche die Struktur von Materie erforscht. Dazu werden bei DESY große Teilchenbeschleuniger entwickelt, gebaut und betrieben, mit deren Hilfe vielfältige Experimente mit Photonen durchgeführt werden können. Die Forschungen und Erkenntnisse der Einrichtung sind von großer Bedeutung für die Teilchen- und Astroteilchenphysik. In dem aktuellen Experiment konnte ein Phänomen, das aus der Laserphysik bereits bekannt ist, auch für das Licht der Röntgenstrahlung nachgewiesen werden. Bei diesem Experiment wurden Eisen-Atome durchlässig für bestimmte Wellenlängen des Lichts. Dieser Effekt nennt sich in der Fachsprache EIT – elektromagnetisch induzierte Transparenz. Der Effekt entsteht durch ein komplexes Wechselspiel des Lichtes mit den Elektronenhüllen der Atome und konnte bei intensiver Einstrahlung auf Materialien mit Laserlicht bereits erzeugt werden. Allerdings waren für den EIT-Effekt mit Laser hohe Intensitäten notwendig, die eine ebenso hohe Hitzeentwicklung mit sich brachten. Bei dem aktuellen Experiment mit den Röntgenstrahlen ist eine deutlich geringere Lichtintensität ausreichend, um das Metall durchlässig für die Röntgenstrahlung zu machen. Dieses Ergebnis ist nun ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu leistungsstarken Quantencomputern.

Der Quantencomputer in Sicht?

Die Synchronlichtquelle PETRA III:
Durchgeführt wurde das Experiment im DESY an der PETRA III, der besten Lichtquelle ihrer Art. Bereits im Jahre 1978 nahm die PETRA III ihren Betrieb als Teilchenbeschleuniger auf. Mit Erweiterungen gilt das Gerät seit 2009 als brillanteste Röntgenstrahlenquelle der Welt. Entsprechend ermöglicht PETRA III einzigartige Experimente mit Röntgenstrahlen.

Die Nutzung von Quantencomputern ist bislang noch eine theoretische Angelegenheit, die mit wenigen praktischen Experimenten noch in den Kinderschuhen steckt. Jedoch wären voll funktionsfähige Quantenrechner deutlich leistungsstärker als herkömmliche Digitalcomputer. Denn während die herkömmlichen Computer auf klassischer Physik und Informatik beruhen, funktionieren die Quantenrechner entsprechend ihres Namens auf den besonderen Gesetzen der Quantenmechanik. Diese würde es beispielsweise ermöglichen extrem große Datenbanken sehr schnell zu durchsuchen. Des Weiteren könnten extrem lange Zahlen effizienter verarbeitet werden als es die klassischen Computer tun, was die Rechenzeit verkürzen und die Leistung deutlich erhöhen würde. Der neue Fortschritt bringt die Quantencomputer zwar nicht in unmittelbar greifbare Nähe, doch haben die Forscher mit dem aktuellen Experiment im DESY mit Hilfe des Röntgenstrahlengerätes PETRA III einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu zukunftsweisenden Rechnertechnologien geleistet. Denn bei dem Experiment war es nicht nur möglich, die Eisenatome lichtdurchlässig zu machen, sondern das Licht wurde gleichzeitig auch deutlich langsamer. Der exakte wissenschaftliche Nutzen dieser Entdeckung muss noch bestimmt werden, doch könnte so theoretisch ein neues Speichermedium entstehen. Normalerweise bewegt sich Licht mit einer Geschwindigkeit von 300.000 Kilometern pro Sekunde. Während des Experiments konnte die Geschwindigkeit auf wenige Meter pro Sekunde gedrosselt werden. Dies wäre ein wichtiger Baustein für die Computer der Zukunft, denn möglicherweise könnte hierbei ein neues, leistungsstarkes Speichermedium entstehen. Doch noch bewegt sich das Ganze auf theoretischen Überlegungen und es werden noch viele weitere Experimente nötig sein, bis eine neue, spruchreife Technologie aus der Erkenntnis entspringt.

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Über Stephan Lenz

Stephan Lenz studierte Philosophie, Soziologie und Anglistik an der Universität Mannheim. Es folgten schriftstellerische Fortbildungen und die freiberufliche Arbeit als Autor und Journalist. Neben unzähligen Artikeln in diversen Magazinen, veröffentlichte er Prosa im Charon Verlag, Hamburg, sowie im Wortkuss-Verlag, München. Er gehört seit vielen Jahren zum festen Stamm der Redaktion des Artikelmagazins.